Trinken musste sein. Da duldete Dieter Roth keine Kompromisse. Auch sonst neigte der 1998 verstorbene Schweizer Künstler wenig zu Diplomatie. Eine Bar, die musste einfach her.
So versprach ihm der Galerist Iwan Wirth im Frühling 1997, dass es während der ersten Schau des Kunststars in seiner Galerie zu trinken geben würde. Der damals erst seit einem Jahr existierende Zürcher Kunstkomplex Löwenbräu, in dem die Galerie situiert war, kam Roth nämlich viel zu zwinglianisch vor: weisse Wände und nirgends ein Glas.
Und so kam es, dass gleich um die Ecke des Löwenbräu, an der Fabrikstrasse 21, die erste der Bars entstand, die im Werk des berühmten Schweizer Kunstberserkers bis heute eine besondere Rolle spielen. An diese legendäre Fabrikstrassen-Bar erinnern sich viele Akteure jener Zeit, die als die Geburtsstunde des Zürcher Kunstwunders gilt. Junge Künstler wie Urs Fischer standen hinter dem Tresen, und jede Bierflasche, die rübergeschoben wurde, jede Unterhaltung war Kunst, wurde aufgenommen und archiviert.
«Ich glaube nicht daran, dass die Askese irgendjemandem guttut, ausser dass sie einen Triumph darstellt – derer, die sie üben», pflegte Roth zu sagen. Die Lebensfülle, mit allem, was dazu gehört, mit Freude und Verzweiflung, mit Sex und Verwesung, war der Gegenstand seiner einzigartigen, wegweisenden Kunst. Er hat Schimmel, Kot und auch Mayonnaise in seine Werke eingelassen, er schrieb Scheisse-Gedichte und gab Literaturwurst heraus. Das Atelier und die Bar wurden in Roths Universum zum Symbol der zwei antiken Lebenspole – der apollinischen Inspiration und des dionysischen Rauschs.
17 Jahre nach Dieter Roths Tod ist Zürich zwar schicker und polyglotter geworden, dem Löwenbräu wurden gentrifizierte Manieren beigebracht – doch die Kunst an der Limmatstrasse 270 sitzt nach wie vor auf dem Trockenen: weit und breit keine Bar. «Anstatt den guten alten Zeiten nachzuweinen», sagt der neue Hauser-&-Wirth-Direktor James Koch, «baten wir Björn und Oddur, uns die Economy-Bar in die Galerieräume einzubauen».
Dieter Roths Sohn Björn hat schon immer mit dem Vater zusammengearbeitet, hat sein Werk beeinflusst und wurde davon selbst geformt. Für Dieter Roth, der sich zeitlebens als Aussenseiter aller Kunstszenen sah, waren Familienmitglieder und Freunde alles. Seit seinem Tod führen Björn – und auch dessen Sohn, Oddur, das Werk des Vaters und des Grossvaters fort. «Nein, wir führen es nicht fort», präzisiert Björn, «es ist das gleiche Werk.»
Die beiden grossgewachsenen Roths hantieren in der Galerie mit Ölbohrrohren und riesigen Blöcken Schwemmholz. Die Roth’sche Economy-Bar (so genannt, weil es da hin und wieder free drinks gibt), ist ein wildes Durcheinander von Alltagsgegenständen und anderem Sammelgut wie Monitore, Modellautos oder Hafenpoller. Nichts für feine Pinkel, könnte man meinen. Doch als die Bar vor einem Jahr in Mailand in Betrieb war, drängte das Volk in feinem Prada- und Armani-Tuch scharenweise an den Tresen.
In Zürich wird die Bar bis Ende Mai professionell betrieben. Es gibt Performances, Musik, Wort und Kunst. Dieter Roth sendet Grüsse – und an der Eröffnung auch free drinks für jedermann.
«Roths Bar & Studio», Hauser & Wirth Zürich, bis 29.5. Opening Party am Freitag 27.3., ab 18 Uhr. Bar-Öffnungszeiten: Do., Fr., Sa., jeweils ab 18 Uhr bis spät nachts
Eine tolle Schreiberin, die Ewa Hess, fehlte nur noch dass „E“ und es würde eine spannende Belletristin aus ihr ! Gute und spannende Fragen vorbereitet ! Ich lese diese Berichte sehr gerne ! Irgendwann werden wir uns auch begegnen, über den Weg laufen, Dann werden wir über „Appollo“ in der „Wshren Kunst“ – ein vergessenes Wort – und den aktuell trium-phierenden „Dyonisos“ in einer hedonistischen, existenzialistischen, nihilistischen, utilitaristischen, mammonitisch dominierten und pervertierten (Kunst-)Welt sprechen ! Die ernst zu nehmende ratio-dominierte „Zeitgenössi-sche KUNST“ ist nur noch zur provokativen AB-BILDUNG gesellschaftlicher Miss-/Zuständestände geworden ! „Botschaften“ für eine „Neue Welt“ fehlen !
„Akademisierung ist Mediocrisierung“ ! Von banaler, alltäglicher „Event- und JeKaMi-Kunst“ mit bestenfalls „Schein-Innovationen“ und philosophischen Frag-menten – meist im Namen Mammons – muss man sprechen ! KOMMERZ tötet KUNST“, hiess die Losung „Wahren Kunst“ mal ! Kein GEIST mehr, vor dem man sich verneigen könnte, keine „Weiter- und Höherentwicklung“ auf dem „Kunstevolutinsbaumes“ gleich einer Spirale, stets eine Stufe höher über der darunterliegenden ! Alles endet auf Seitenästen in Sackgassen !
Die Meister der „Klassischen Moderne“ lassen grüssen !