December 2013

Yoncé total

Yoncé total Ewa Hess | 22. Dezember 2013 – 12:19 Auf der Busfahrt von Zuoz nach Ascona hörte ich vor einigen Jahren Beyoncé mit gedrückter Repeattaste. Seither ist sie mir nah. Die überwältigenden neuen Videos wirken – nicht nur darum – stark auf mich. Doch dann kommen langsam die Zweifel. Yoncé, ist das nicht ein bisschen übertrieben? Da war selbst Madonna bescheidener… Sie ist die Sonnevon Ewa Hess Sie stakst auf ihren starken Beinen durch – ja, was ist das eigentlich? Eine unterirdische Garage? Eine postindustrielle Einöde? Zerfetzte Überreste eines grünen Korsetts verhüllen ihren wohlgewachsenen Körper höchst ungenügend. Auch das ausgefranste Top ist zu kurz: Die grossen, schweren Brüste schauen unten heraus. Gerade so viel, dass man irritiert hinsehen muss. Weil jederzeit mehr rausrutschen könnte. Was es wundersamerweise nicht tut. Kein Zweifel, diese Frau hat Superkräfte. Unter ihrer islamischen Kopfbedeckung leuchten die schwarz geschminkten Mandelaugen mit revolutionärer Glut. Wenn sie ihre Hand ausstreckt, züngelt das Feuer am Horizont. In ihrem Gefolge – allerlei finstere Gestalten, es sind Entrechtete und Beleidigte dieser Welt. Das ist sie, die neue Beyoncé. Die Königin von uns allen. Die Herrscherin über das politisch korrekte Pop-Universum. Sie ist eine Prophetin der Slums. Aber auch die einzige Gerechte unter den Reichen. Zudem eine Märtyrerin ihrer Schönheit. Dennoch eine Verkünderin der Freude in freudloser Welt. Sie ist die Sonne. Die Mutter der künftigen Generationen. Bah, in der Pietà-Pose des Videos «Mine» ist sie gar die Mutter Gottes. Beyoncés neues Album ist am Freitag, dem 13., wie ein Meteorit vom Himmel gefallen. Und wie ein Gestirn blendet es die Massen weitum mit Bildern, die sich auf der Netzhaut einbrennen. Sie strotzen nur so von starker Symbolik: Waterbording und Schönheits- Chirurgie, Kirmesplatz und Polizeiangriff, Sex in Limos und Kämpferinnensquads . . . Dazu ambitionierte Choreografien in luftigen Issey-Miyake-Roben als Pausenfüller. In diesen 17 (!) neuen Videos haben Beyoncé und ihr Gatte Jay-Z die ganze moralische Glaubwürdigkeit der Welt für sich gepachtet. Sie sind die Aufständischen des arabischen Frühlings, die leidenden Christen, die syrischen Demonstranten, die Gefolterten Guantánamos, die tapferen Wüstenkrieger und die furchtlosen Stadtguerillas. Dazu sind sie die Verfechter der wahren Schönheit in einer von Künstlichkeit geprägten Welt. Und sie lieben sich mit der einzig wahren Liebe zwischen Mann und Frau. Ihr Kind Blue Ivy, das Pfand ihrer überirdischen Verbindung, muss der neue Messias sein. Echt, Yoncé, Queen Bey, Sasha Fierce, oder wie deine vielen Namen heissen: Ist das nicht etwas übertrieben? Da war selbst Madonna bescheidener. Sie nannte sich nur nach der Mutter Gottes. Für eine gehalten hat sie sich nie. «Beyoncé» gibt es für 24 Fr. auf iTunes zu kaufen. Allein die 14 Songs und 17 Videos runterzuladen, dauert eine 3/4-Stunde About Ewa HessSwiss journalist, Editor Arts @Sonntagszeitung, ZürichView all posts by Ewa Hess » @askewa @PSPresseschau Wunderbares textlein 🍀 thx 4 sharing 08:10:37 PM Mai 30, 2023 von &s in Antwort auf PSPresseschau@GESDA Hackathon 4 the future – Open Quantum Institute in the making. Impressive! https://t.co/hWBdlsEFkd 09:35:19 AM Mai 07, 2023 von &s in Antwort auf GesdaIt’s my #Twitterversary! I have been on Twitter for 13 years, since 26 Nov 2009 (via @twi_age). 01:00:51 AM Dezember 13, 2022 von &s @askewa folgen Neueste Beiträge Baselitz‘ WeltI likePrivate Sales, ein SchattenspielAdieu John BergerTalk mit Jacqueline Burckhardt Blogroll FAQNews-BlogPop MattersRevue 21Support ForumWordPress-Planet Themen Ai Weiwei Amerika Andy Warhol Aphrodite Ascona Baron Heinrich Thyssen Basel Biennale Venedig Bird’s Nest Caravaggio China Fischli/Weiss Fondation Beyeler Frank Gehry Georg Baselitz Gerhard Richter Ghirlandaio Gstaad Gurlitt Gustav Klimt Harald Szeemann Keanu Reeves Kunst Kunstmuseum Basel Louise Bourgeois Maja Hoffmann Maria Lassnig Marlene Dumas Melinda Nadj Abonji Monte Verità Nachtkritik Oprah Winfrey Pipilotti Rist Schweizer Architektur Schweizer Film Schweizer Kunst Schweizer Literatur Shakespeare Simon de Pury Thomas Hirschhorn Ugo Rondinone Urs Fischer Valentin Carron Warhol Weltwoche Next Post Schreibe einen Kommentar Cancel Reply Logged in as Ewa Hess. Edit your profile. Log out? Required fields are marked * Message*

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Adieu, Nelson Mandela!

Adieu, Nelson Mandela! Ewa Hess | 9. Dezember 2013 – 11:57 Die Nachricht von Nelson Mandelas Tod hätte eine Filmsequenz sein können. Erste Szene: Johannesburg, 21 Uhr. Der 95-jährige Mann stirbt in seiner Wohnung. Zweite Szene: London, 22 Uhr. Die Nachricht erreicht seine Töchter Zindzi und Zenani im dunklen Kinosaal. Still schleichen sie hinaus, während Prinz William samt Gattin und weiterem Premierenpublikum die neuste Mandela-Biografie «Long Walk to Freedom» zu Ende schaut. Dritte Szene: Paris, Freitag, 9 Uhr. Der französische Präsident François Hollande hält gemeinsam mit 53 afrikanischen Staatsoberhäuptern, die gerade zum «Gipfel für Frieden und Sicherheit in Afrika» angereist sind, eine Schweigeminute. Das Zusammenfallen der Ereignisse ist filmreif – und typisch. Auch zur Ikone der Popkultur wurde Nelson Mandela in Abwesenheit. Er betrat mit dem Song «Free Nelson Mandela» der Band Special AKA 1984 die Bühne und verliess sie danach nie wieder. Während die britische Band mit dem seltsam fröhlichen Protestsong ihren einzigen wahren Welterfolg feierte, sass Mandela bereits seit 21 Jahren im Gefängnis. Obwohl er hinter Gitter war, gelang es ihm, die Welt so zu beeindrucken, dass U2-Sänger Bono in seinem am Freitag veröffentlichten Mandela-Nachruf sagt, der Anti-Apartheidkämpfer sei schon seit seinen Teenagerjahren sein wichtigster Berater gewesen (Bono wurde 1960 geboren). Es war Mandelas Stimme. Das höfliche, dezidierte Auftreten. Das undurchdringliche Lächeln. Die Unerschütterlichkeit seines politischen Konzepts, das er bereits in seinem allerersten Fernsehinterview vollständig beieinanderhatte. In diesem Interview, das der polizeilich Gesuchte dem britischen Fernsehsender ITN aus seinem Versteck gab, sieht man einen Mann, den die Öffentlichkeit nie kannte: den jungen, 42-jährigen Mandela. Er sieht keinem der neun Schauspieler ähnlich, die ihn später verkörpern werden. Das wacklige, schwarzweisse Fernsehbild zeigt weder einen athletischen Hünen wie Idris Elba im neusten Film noch einen eleganten Sympathieträger wie Sidney Poitier in «Mandela and De Klerk» von 1997. Der Mann, der im Dokumentarvideo dem perfekt gescheitelten weissen Interviewer gegenübersitzt, hat seinen eigenen Scheitel in die schwarzen Locken mit einem Rasierapparat hineingefräst. Er wirkt untersetzt, sein Blick hinter den zusammengekniffenen Augen ist hart, die Antworten kommen wie aus der Kanone geschossen: «Südafrika ist ein Land, in dem es Platz für alle Rassen gibt. Unsere Forderungen sind sehr klar: ein Mann, eine Stimme.» Als er vier Jahre später seine berühmte Rede im Rivonia-Prozess hält, ist keine Kamera dabei. Doch auch in der Tonbandaufzeichnung erkennt man den Reifungsprozess – da hat er schon zwei Jahre Gefängnis hinter sich. Die Worte folgen langsamer, bedeutungsvoller, bis der erschütternde Schlusssatz fällt: «But if needs be, it is an ideal for which I am prepared to die.» Als Held der Popkultur ist Nelson Mandela keine romantische Identifikationsfigur wie die früh verstorbenen Revolutionäre Che Guevara oder der Südafrikaner Steve Biko. Vielleicht weil er erst nach seiner Befreiung so richtig sichtbar wurde, ist er eine Vaterfigur. Man will nicht Mandela sein, man will ihn zum Berater haben, wie Bono das ausdrückt. Vielleicht scheitern darum so viele dieser Biografien, Filme, Theaterstücke und Opern, die er inspiriert hat. Selbst in Clint Eastwoods «Invictus» von 2009 wirkt die von Matt Damon gespielte Figur des Rugbykapitäns François Pienaar plastischer als die des charismatischen Staatschefs. Auch der gewohnt tolle Schauspieler Morgan Freeman kann einer Figur, an der alles Licht ist und so gar nichts Schatten, kaum Leben einhauchen. Mandelas dunkle Seiten – seine Verzweiflung, seine Wutausbrüche, sein Schürzenjägertum, die Vernachlässigung, die seine sechs Kinder und drei Ehefrauen in Kauf nehmen mussten, sind schwer fassbar. Selbst jenes Buch, welches sich die Aufdeckung der Abgründe hinter dem Monument zur Aufgabe gestellt hatte, David James Smiths Biografie «Young Mandela», tut sich schwer damit. Zwar wird in Smiths Buch ein Mandela sichtbar, dem es leichter fällt, den Fremden gegenüber Herzlichkeit zu zeigen als seinem eigenen Sohn Makgatho, der dem Alkoholismus verfällt und 2005 an Aids stirbt. Doch die Bewunderung des Autors bleibt spürbar, und die Gründlichkeit, mit der jedes noch so kleine Vergehen Mandelas ans Licht gezehrt wird, hat etwas Angestrengtes. Raubtierhafter Jungpolitiker mit Vorliebe für schnelle Autos Immerhin muss William Nicholson, Drehbuchautor des neusten Mandela-Films, der in Südafrika bereits ein Kassenhit ist und auch bei uns bald in die Kinos kommt, Smiths Buch genau gelesen haben. Obwohl «Long Walk to Freedom» eigentlich auf der gleichnamigen Autobiografie Mandelas basiert, enthält der Film auch Elemente des echten Jung-Mandela: ein raubtierhafter Jungpolitiker, der schicke Anzüge und schnelle Autos liebt und dem kaum eine Dame in der pulsierenden Metropole Johannesburg widerstehen konnte. Noch 2007 bezeichnete Nicholson, der zehn Jahre lang am Drehbuch zu «Long Walk to Freedom» sass, seinen künftigen Film-Mandela in einem Interview als eine «Einmann-Gefahrenzone». Er würde alle Menschen, die ihm nahe kamen, unwillentlich zerstören, sagte Nicholson, darunter auch seine beiden ersten Frauen Evelyn und Winnie. Im Film, dessen Londoner Premiere auf eine schicksalshafte Weise mit der Nachricht über das Ableben des grossen Mannes zusammenfiel, strahlt Mandelas Stern weit weniger getrübt, als diese Ankündigungen vermuten liessen. Der von Harvey Weinsteins mächtiger Produktionsfirma verantwortete Film ist ein sicherer Oscar-Kandidat. Das hat mit der Qualität des Films nicht einmal so viel zu tun. Sondern ist eine weitere Verbeugung der Welt vor einem Staatsmann, der mit schierer Willenskraft die Geschichte in eine bessere Richtung lenken konnte. Publiziert in der Sonntagszeitung am 08.12.2013 About Ewa HessSwiss journalist, Editor Arts @Sonntagszeitung, ZürichView all posts by Ewa Hess » @askewa @PSPresseschau Wunderbares textlein 🍀 thx 4 sharing 08:10:37 PM Mai 30, 2023 von &s in Antwort auf PSPresseschau@GESDA Hackathon 4 the future – Open Quantum Institute in the making. Impressive! https://t.co/hWBdlsEFkd 09:35:19 AM Mai 07, 2023 von &s in Antwort auf GesdaIt’s my #Twitterversary! 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Professor von Matt

Professor von Matt Ewa Hess | 4. Dezember 2012 – 14:13 Peter von Matts Fähigkeit, ohne Überheblichkeit klug zu schreiben, ist eine seltene Gabe. Ich treffe meinen Germanistik-Professor Jahrzehnte nach meiner mündlichen Prüfung (Thema: Friedrich Glauser) zu einem Mittagessen. Der Anlass: Peter von Matt hat den Schweizer Buchpreis für seinen Essay-Band «Das Kalb vor der Gotthardpost» bekommen. Auf die Frage, wo er mich treffen möchte, sagt er ohne zu zögern: Brasserie Federal. Hier ist er: Seine S-Bahn kommt 11.32 Uhr im Hauptbahnhof Zürich an. Peter von Matt, 75, bekanntester Germanist der Schweiz und frisch gekürter Träger des Schweizer Buchpreises, betritt vier Minuten später die Brasserie Federal. «Hier hat Arnold Kübler jeweils frühmorgens seine vier «Öppi»-Romane geschrieben», sagt von Matt und schaut sich um, als ob er nach dem Geist des 1983 verstorbenen Schweizer Intellektuellen und «Du»-Gründers Ausschau hielte. «Soll ich den Kartoffelstock vorlesen?», fragt er unseren Fotografen, als der ihn bittet, die Menükarte in die Hand zu nehmen. Mittags esse er meistens nur einen Salat, verrät von Matt, doch zur Feier des Tages bestellen wir Kalbsleberli mit Rösti, ganz so, als ob wir uns das titelgebende Tier seines preisgekrönten Buchs «Das Kalb vor der Gotthardpost» einverleiben wollten.Im Buch steht das Kalb stellvertretend für die ganze Schweiz. Wie vom Zürcher Maler Rudolf Koller im Bild «Die Gotthardpost» dargestellt, rennt es flüchtend dem Fortschritt in die Hufe. «Kalb und Huhn», überschrieb denn auch die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» die Meldung, dass der Schweizer Buchpreis an von Matt ging. Als Huhn wird in seinem Buch der Schweizer Föderalismus bezeichnet, der «goldene und faule Eier durcheinander legt».Über Tierbilder, sagt von Matt, könne man mit den Lesern intensiv kommunizieren, «jeder hat eine Kuh- oder Katzenerfahrung». Im Hause von Matt habe es früher, als Sohn und Tochter noch klein waren, ein Kaninchen gegeben. Das sei zwar ganz allein gewesen, was heute verboten wäre, doch es habe ihm nicht geschadet, denn es sei «steinalt» geworden.Die von Matts leben seit 35 Jahren in der Zürcher Vorortsgemeinde Dübendorf, wo «man nicht wohnt», wie von Matt die arrogante Haltung des Zürichbergs höflich in Worte fasst. Professor von Matts Augen allerdings leuchten auf über seinem Teller. «Mich fasziniert Dübendorf!» Das Ausrufezeichen wird akustisch deutlich. Die für schweizerische Verhältnisse ungewöhnliche Dynamik des Ortes sei eine «soziologische Testsituation». Von Matts Garten liege direkt an der Glatt, wo der Dübendorfer Spazierweg vorbeiführt. Gemeinsam mit seiner Frau, der Germanistin und Autorin Beatrice von Matt, kann er an einem Sonntagnachmittag die polyglotten Gesprächsfetzen der Vorbeispazierenden hören und so den Wandel erfahren.Wenn sie beide zu Hause sind, kochen von Matts abwechselnd. Gegessen werde bei ihnen, «was man in der Schweiz so isst». Einfache Gerichte, doch sie sollten auf bestmögliche Art zubereitet sein. Also ein perfekter Risotto, nicht Lachsmousse mit Olivenschaum. Die Vermutung, dass die beiden Germanisten beim Verzehr des Risotto die neusten Romane durchhecheln, amüsiert von Matt. Über seine Buchpreis-Konkurrenten hat er aber nur Gutes zu sagen. Und attestiert insbesondere Sibylle Berg «frappierende stilistische Fähigkeiten». Ihn selbst hat der strengste Kritiker der deutschsprachigen Literatur, der «Papst» Marcel Reich-Ranicki, einst den «bedeutendsten lebenden Schriftsteller der Schweiz» genannt. Von Matt will das nicht hören: «Ich hasse den Satz», sagt er, und man merkt, wie oft er damit schon konfrontiert wurde. Erstens stimme es nicht, erklärt er, und dann gebe es eine so eindeutige Skala doch gar nicht. Im Übrigen habe die Schweiz gerade jetzt eine sehr reiche Literaturwelt. Gar nicht so apolitisch, wie in den Feuilletons geklagt werde. Das Politische verschaffe sich heute nur auf eine andere Weise als früher Gehör. Nicht als ein Frontenkrieg, sondern in kleinen Dosen überall. Auch die Medien seien anders geworden, vielstimmiger. Die Art von «Aufsprengen», wie es Frisch und Dürrenmatt praktizierten, brauche es darum nicht mehr. Er sei dennoch froh, dass dank seinem Buchpreis die Tradition der Essays und Sachtexte wieder in Erinnerung gerufen werde, in der Schweiz seien sie zu Unrecht unterbeachtet. Dabei machten diese gerade eine unserer Stärken aus, wenn man etwa an Kulturhistoriker wie Jacob Burckhardt zurückdenke. «Eher taucht ein Walfisch im Leutschenbach auf, als dass einer dieser Obelisken unserer nationalen Kultur in einer ‹Tagesschau› Erwähnung fände», schreibt von Matt im Buch und meint die kritischen Editionen von Gottfried Keller, Ulrich Bräker, Charles-Ferdinand Ramuz, Conrad Ferdinand Meyer oder Robert Walser. Durch die Nichtbeachtung dieser Leistungen entgehe dem Schweizer Fernsehen ein sehr attraktiver Stoff, sagt von Matt und schüttelt ein fertiges Sendekonzept aus dem Ärmel: Sätze, die sich in Bilder verwandeln, Gottfried Kellers Manuskripte, die in der Zentralbibliothek noch so liegen, wie er sie hinterlassen hat, visuelle Ausflüge in die Geschichte der schreibenden Schweiz … Man sieht den charismatischen Professor sofort als den einzigen möglichen Moderator einer solchen Sendung vor sich, doch er winkt lachend ab: Beim Fernsehen wird man immer geschminkt, peinlich. Das Wort «Schrott» sei als Paukenschlag gedacht Mit dem Fernsehen ist er sowieso streng. Achtzig Prozent des Samstagabendprogramms aller Kanäle zusammen sei Schrott, steht im Buch. Von Matt zeigt sein komplizenhaftes Lächeln, das Wort «Schrott» sei als Paukenschlag gedacht, ein kalkulierter Stilbruch. Man müsse beim Schreiben immer mal die Tonlage wechseln. Wir sind beim Kaffee Crème angelangt. Ich will noch wissen, ob ihm das Schreiben so leicht falle, wie die Texte beim Lesen wirken. Natürlich nicht, da sei viel Arbeit dahinter. Nach der ersten Niederschrift der Gedanken fängt die Mühe erst an: Sätze kürzen, Formulierungen präzisieren, Akzente setzen. Dazwischen lese er immer wieder Texte zum Thema. Das sei überhaupt das schönste Lesen, wenn es mit der eigenen Arbeit zu tun hat, sich damit verbindet. Ob er auch eigene Texte wieder lese? Ja, wenn er etwas zitieren will. Da staune er, wie viel man auch vom Eigenen schon vergessen habe. Und manchmal denke er sogar: «Das isch no cheibe guet.» About Ewa HessSwiss journalist, Editor Arts @Sonntagszeitung, ZürichView all posts by Ewa Hess » @askewa @PSPresseschau Wunderbares textlein 🍀 thx 4 sharing 08:10:37 PM Mai 30, 2023 von &s in Antwort auf PSPresseschau@GESDA Hackathon 4 the future – Open Quantum Institute in the making. Impressive! https://t.co/hWBdlsEFkd 09:35:19 AM Mai 07, 2023 von &s in Antwort auf GesdaIt’s my #Twitterversary!

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