Kunst

Baselitz‘ Welt

Baselitz‘ Welt January 22, 2018 Ewa Hess Der Neu-Basler Georg Baselitz, 80, hält anlässlich der Eröffnung seiner grossen Retrospektive in der Fondation Beyeler in Riehen genüsslich Hof. Er ist gut gelaunt – mit der Ausstellung hat er gleichsam sein frühes Schaffen wieder neu entdeckt. Und er ist begeistert. «Haben Sie diese Fuss-Gemälde gesehen?» fragt er mich stolz. «Da war ich erst 25 Jahre alt.» Tatsächlich ist es ein grossartiges Werk, das sich hier präsentiert, zusammen mit den neuen Remix-Gemälden, welche die alten Motive heller und vergeistigter interpretieren. Es entspinnt sich ein Gespräch über die Malerei, die Politik und die grossen unterschiede zwischen Ost und West. Georg Baselitz, zu Ihrem 80. Geburtstag steht Basel mit zwei Ausstellungen ganz im Zeichen Ihrer Kunst. Warum Basel, nicht Berlin? Ist das eine Fangfrage? Meine entscheidenden Bilder sind zwar in Berlin entstanden, doch in Berlin gibt es keine offizielle Reaktion auf Geburtstage, auch wenn sie hoch und rund sind. Zumindest mich betreffend nicht. Sie sind seit einem Jahr auch Basler, nicht wahr?Sie meinen den Ausweis B, C oder D? Ja, ich habe so etwas… Was hat Sie dazu bewogen, in die Schweiz zu ziehen?Einfache Antwort: Ich habe in Basel viele Freunde gehabt. Museumsdirektoren, Kuratoren – etwa Franz Meyer, Katharina Schmidt oder Dieter Koepplin. Sie haben meine Kunst ausgestellt und gekauft. Aber ich wohne auch noch in Deutschland und arbeite auch in Italien und Österreich. Ich bin ja ein unruhiger Typ. Schon Ihre erste Ausstellung in Berlin machte 1963 Schlagzeilen. Man warf Ihnen Unsittsamkeit vor.Der Staatsanwalt hat einige Bilder beschlagnahmt, und ich musste beweisen, dass das Kunst war. Das Bild, um das es ging, hiess «Die grosse Nacht im Eimer» und stellte einen masturbierenden Mann dar, nicht?Wenn Sie so wollen, ja. Aber das Bild ist nicht realistisch. Die Figur auf dem Bild hält zwar einen grossen Kolben in der Hand – aber ob es jetzt ein Löwe ist oder ein Mensch, das ist nicht deutlich. Die Figur ist monströs. Und die Interpretation… Ist es ein Selbstporträt? Ist es Adolf Hitler? Die ist dem Zuschauer überlassen. Der eigentliche Skandal sei gewesen, sagt man heute, dass sich da einer mit der deutschen Vergangenheit auseinandergesetzt hat, die tabuisiert war.Diese Interpretation ist richtig. In Ostdeutschland hätte ich ein solches Bild nie ausstellen dürfen. In Westdeutschland ging das, und in einer Kunstgalerie irgendwo wäre das unbemerkt geblieben. Aber in Berlin gab es kein «Unbemerkt», weil hier die Besatzungsmächte das Klima bestimmten. Es gab – und das zu Recht – die Erziehungsabsicht der Franzosen, der Engländer und der Amerikaner. Wie äusserte sich die?Teils ganz begeisternd, etwa mit der Moma-Ausstellung, die 1958 in unserer Kunstschule gezeigt wurde. Diese Ausstellung abstrakter amerikanischer Malerei war grossartig. Wie alle meine Kommilitonen habe auch ich versucht, der Abstraktion zu folgen. Und schnell gemerkt: Das ist nicht mein Weg. Und hatten dann den Einfall, Ihre Bilder auf den Kopf zu stellen, um Figuratives und Abstraktes zu verbinden?Das war schon ein bisschen komplizierter. Es ging darum, Picasso zu überwinden. Wie muss man das verstehen?Wie alle jungen Leute, die aus dem Osten kamen, war ich zuerst Picasso-Anhänger. Picasso war, das darf man nicht vergessen, ein Kommunist. Es gibt diese Zeichnung von ihm: «A ta santé, Staline!» mit dem Champagnerglas zum Geburtstag. Aber auch Picasso malte nach der Natur – um sie dann im Bild zu demolieren. Ich konnte das nicht. Was nicht? Natur demolieren?Überhaupt nicht nach der Natur malen. Ich konnte mich nicht vor irgendeine Realität stellen und versuchen, ein Bild zu malen. Ich malte nach meiner Erfindung – bis 1969. Was passierte dann?Zunächst fing ich an, nach Fotografien zu malen. Bei der Arbeit legte ich die Fotos auf den Tisch und malte ein auf dem Tisch liegendes Bild. Wenn das Bild liegt, kann man um den Tisch herumgehen. Wo ist jetzt oben und unten, bitte schön? So fing alles an. Ein Film über Sie heisst «Georg Baselitz, ein deutscher Maler». Sind Sie unter den erfolgreichen deutschen Malern der deutscheste?Also zunächst mal ist ja ein Schweizer ein Schweizer und ein Deutscher ein Deutscher. Wenn es aber um die Kunst geht, soll der das nicht mehr sein dürfen? Ein Maler oder ein Geiger darf kein Russe mehr sein und kein Franzose, sondern muss was Internationales verkörpern, was Allgemeines, er soll praktisch so sein wie ein Engel! Nicht Ihre Meinung?Natürlich nicht. Wir sind kunstgeschichtlich abhängig. Für Deutschland kam aber noch ein Argument dazu: die Zeit zwischen 1933 und 1945. Deutschsein war schlecht. Danach wurde die westliche Seite von Deutschland kolonisiert. Vollständig! Die Wirtschaft war abhängig, die Köpfe waren abhängig, die Kultur auch, weil alles, was vorher war, vom Dritten Reich belastet war. Dabei war die totalitäre Kunst, wenn man wirklich darüber nachdenkt, genau die Kunst, welche die Gesellschaft sehen will. Das müssen Sie uns jetzt erklären, Herr Baselitz.Die Gesellschaft liebt es ja gar nicht, wenn sie vor einem Chaos von einem Bild steht, nicht wahr? Die Gesellschaft liebt es hingegen, zu sehen, wenn einer eine Fahne schwingt oder einer den Pflug führt. Das ist ja das, was man sich gerne anschaut. Das klingt nach einem tiefen Misstrauen dem Publikumsgeschmack gegenüber. Auch der Demokratie gegenüber?Ja. Wenn Sie sagen, die Demokratie ist eine Staatsform, die funktioniert und funktioniert – dann sage ich: Nein, die funktioniert überhaupt nicht und existiert nur als Wort. Das erst noch missbräuchlich verwendet wird. Ich bin bereits in einer Scheindemokratie aufgewachsen, in der «Deutschen Demokratischen Republik». Ist Deutschland aktuell keine Demokratie?Überhaupt nicht. Adenauer hat noch versucht, demokratisch zu arbeiten, und wir haben damals neue Gesetze bekommen. Aber wir haben ein Wahlgesetz bekommen, das die Fragilität der Deutschen berücksichtigt und uns nicht so frei wählen lässt wie in Amerika oder in Frankreich. Was meinen Sie mit der Fragilität der Deutschen?Die Deutschen waren einfach nicht richtig im Kopf, eine Zeit lang. Woher konnte man wissen, ob sie wieder richtig sind? Im Faschismus handelte ja nicht nur der Diktator, sondern es war auch die Bevölkerung, ganz klar. Darum haben wir jetzt keine Demokratie. Worin äussert sich das?Ein Beispiel: Es gab jetzt eine Wahl. In meinem Geburtsland Sachsen entstand eine Mehrheit der Alternative für Deutschland,

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Adieu John Berger

Adieu John Berger January 9, 2017 Ewa Hess Der britische Kritiker hat unserer Generation gezeigt, wie man unter die Oberfläche eines Bildes schauen kann und wie man klug darüber schreibt, ohne in den akademisch-verstiegenen Ton zu verfallen. Ich dachte an ihn anlässlich meiner Kolumne für die Sonntagszeitung – und las nochmals einen Text von ihm. Hier die Kolumne. Der europäische Augenblick Weil er uns am Montag endgültig verlassen hat, nehme ich John Bergers Essays zur Hand. «Gute Nachrichten, schlechte Nachrichten», heisst das schmale Buch, erschienen 1992, noch bei Reclam Leipzig, dem DDR-Überbleibsel des nach Stuttgart übersiedelten Verlags. Nur fünf Essays versammelt es, jedes ein Musterbeispiel behutsamer, zutiefst menschlicher Gedankenführung. Im ersten schaut Berger Fotos an. «Was mich an diesen Fotos vor allem interessiert», schreibt er, «ist etwas Unsichtbares.» Natürlich, wie könnte es anders sein? Er hat uns ja mit seinem «Sehen» die Augen geöffnet für die Bedeutungskaskaden, die unter der Oberfläche lauern. Doch die Bilder, die Berger hier in seinem erstmals 1989 erschienenen Aufsatz anschaut, sind keine glänzenden Werbeaufnahmen, deren manipulative Absicht man dechiffrieren muss. Nein, es sind Schnappschüsse, Fotos von gewöhnlichen Menschen, die nach dem Mauerfall aus dem Osten nach dem Westen strömen. Aus den Gesichtern dieser Menschen versucht Berger, die Zukunft Europas herauszulesen. Wie eine Wahrsagerin die Karten, liest er die Blicke der Neuankömmlinge. Sie wirken erschreckt, doch glücklich. Erfüllt, doch ohne Lächeln. Diese Menschen verkörpern den Bankrott des idealistischen Prinzips des Gemeinwohls, sie geben dem heroischen Eigennutz des Kapitalismus recht. Berger beobachtet, wie die sozialistischen «Renegaten» in den konsumwarmen Mutterbauch des westlichen Europas zurückkriechen. Auch für ihn ist es ein schöner «europäischer Augenblick» der Vereinigung, er erkennt ein «ernsthaftes Glück» darin. «Wie lange kann dieser Augenblick währen?», fragt Berger aber bange. «Alle erdenklichen Gefahren der Geschichte liegen auf der Lauer. Intoleranz, Fanatismus, Rassismus.» Die Rückkehr des Ausgegrenzten berge die Gefahr einer neuen Geldgier in sich, sinniert er, «die dem Gesetz des Dschungels zum Durchbruch verhelfen könnte». Düstere Einsicht, nüchtern festgestellt. Das Verschliessen der Augen vor einer unbequemen Wahrheit war Bergers Sache nun mal nicht. @askewa Neueste Beiträge All Posts Allgemein Kunst Kunsthandel Baselitz‘ Welt I like Private Sales, ein Schattenspiel Kategorie Allgemein (1) Kunst (2) Kunsthandel (1) Schlagwörter fondation-beyeler georg-baselitz Previous PostNext Post Schreibe einen Kommentar Cancel Reply Logged in as Ewa Hess. Edit your profile. Log out? Required fields are marked * Message*

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Talk mit Jacqueline Burckhardt

Talk mit Jacqueline Burckhardt November 3, 2016 Ewa Hess An dem traditionellen Tagi-Talk der Zürcher Kunstmesse Kunst 16 unterhalte ich mich diesmal mit der Kunsthistorikerin Jacqueline Burckhardt, die nicht nur die legendäre Zeitschrift «Parkett» gegründet hat (gemeinsam mit Bice Curiger), sondern sie auch bis heute prägt und weitere wichtige Impulse für die Schweizer Kunstszene sendet. Hier die Conversation «Parkett & Beyond» in voller Länge. @askewa Neueste Beiträge All Posts Allgemein Kunst Kunsthandel Baselitz‘ Welt I like Private Sales, ein Schattenspiel Kategorie Allgemein (2) Kunst (3) Kunsthandel (1) Schlagwörter fondation-beyeler georg-baselitz Previous PostNext Post Schreibe einen Kommentar Cancel Reply Logged in as Ewa Hess. Edit your profile. Log out? Required fields are marked * Message*

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Pipilottis Heimspiel

Pipilottis Heimspiel Ewa Hess | 6. März 2016 – 14:33 Anlässlich der grossen Schau im Kunsthaus darf ich ein langes Interview führen mit der Künstlerin, deren Werk ist schon seit zwei Jahrzehnten beobachte und schätze. Herzlich und grosszügig schenkt mir die Frau, die sich selbst als Kobold in spe bezeichnet, ihre kostbare Zeit im Vorfeld der Eröffnung einer Ausstellung, die sie tief bewegt.Wir treffen die Künstlerin im Tram. Als wir vor dem Kunsthaus am Zürcher Heimplatz aussteigen, werden wir sofort von Menschen angesprochen. Sie erkennen Pipilotti Rist und gratulieren ihr zur Ausstellung. «Toll!», sagen sie oder «Bravo!». Die Räume ihrer Kunsthausschau «Dein Speichel ist mein Taucheranzug im Ozean des Schmerzes» sind dunkel, das pulsierende Licht der Projektionen flimmert. Pipilotti posiert in diesem geheimnisvollen Interieur für den Fotografen. Weil die Ausstellung sehr gut besucht ist und die Menschen neugierig zuschauen, wirkt die Fotosession schnell wie eine Performance.Pipilotti Rist, war es Ihnen peinlich, in der Ausstellung fotografiert zu werden?Ach, das ist kompliziert. Ich will auf keinen Fall wie eine Diva wirken! Anderseits weiss ich, dass ich den Besuchern der Ausstellung zutrauen kann, dass sie wissen, dass das Fotografiertwerden zu meinem Job gehört. Sind Sie denn gar nicht eitel?Doch, ich bin es, aber meine Eitelkeit ist auf die Arbeit bezogen. Es soll künstlerisch und technisch alles perfekt sein!In der Zürcher Ausstellung wird auf ein Bett projiziert, Monitore stecken in den Handtaschen. Gibt es einen Gegenstand, in den Sie keine Technik verpacken würden?Vieles kann ein Giver und fast alles ein Catcher sein. Giver und Catcher?Giver nenne ich die Projektoren und Monitore, Catcher die Objekte, Wände oder Stoffe, auf die projiziert wird.Stimmt das, dass Sie in Ihrem Team nur Frauen für die Technik anstellen?In der Videotechnik stimmt es. Für Holz, Metall und Architektur arbeite ich mit einem talentierten Quotenmann.Sind Frauen bessere Technikerinnen?Ja. Und sie sind transparenter. Ich will immer wissen: Wie haben wir ein Resultat erreicht? Die Forschung, die Fehlerbehebung ist eine wichtige Inspirationsquelle. Auch diese Ausstellung hat den Pixeltussis viel Kopfzerbrechen bereitet…… die Mitarbeiterinnen wissen, dass Sie sie Pixeltussis nennen?So nennt uns alle der Quotenmann. Aber ich muss meine Aussage zur Transparenz revidieren. Ich habe inzwischen jüngere Männer getroffen, die sehr mitteilsam sind. Man merkt: Das ist die «Open source»-Generation. Ich selber stamme aus einer Zeit, als man jede Maschine, die man beherrscht hat, gehütet und verteidigt hat, weil man Angst hatte, dass einem jemand das Know-how stiehlt.Seit wann merken Sie den Generationenwechsel?Erst kürzlich habe ich es bei den Dallas Cowboys festgestellt.Was machen Sie bei den Dallas Cowboys?Sie haben mich angefragt, für ihr American-Football-Stadion eine Kunstinstallation zu machen, die über ihre 3500 Monitore flimmert. Und da habe ich Männer getroffen und staunte, von ihnen sehr ernst genommen zu werden. Die haben den grössten LED-Screen der Welt, wussten Sie das?Und Ihre Kunst soll während eines American-Football-Matches laufen?Ja, es ist trickreich, weil ich zwar etwas entwerfen soll, aber es nicht in der Hand habe, wann es eingespielt wird.Funktioniert Kunst mitten in der Werbung und den Spielresultaten?Das wird dann meine Aufgabe sein, etwas zu entwerfen, das funktioniert. Ich habe das am Beispiel einer Installation der amerikanischen Künstlerin Jenny Holzer live gesehen. Also die Stimmung im Stadion heizt sich auf, es ist sehr intensiv, und plötzlich leuchtet so ein Schriftband Holzers auf, etwa: «Abuse of power comes with no surprise.» Stark.Wissen Sie schon, was Sie vorschlagen?Nein, ich bin erst dran.Ihre Themen sind oft intim. Etwa das Werk «Ginas Mobile» in der Zürcher Ausstellung, in der die Kamera den weiblichen Genitalien entlanggleitet.Ich will erst zur Bezeichnung «intim» etwas sagen. Es kommen Bilder in unserer Welt vor, die scheinbar intim sind. Aber solange ich kein Gefühl von der Person dazu erfahre, ist es für mich nicht intim, auch wenn ich nahe ans Fleisch gehe.Ist nun «Ginas Mobile» intim?Eher universell denn intim. Das Video basiert auf mehreren hoch aufgelösten Aufnahmen von Vulven, die wir wie teure Uhren ausgeleuchtet haben, mit goldenen Reflexen und warmem Licht. Die ganze Projektion ist wie ein Mobile auf einem dünnen Faden aufgehängt…… Mobile im Sinne einer beweglichen Skulptur?Genau, und gerade das fragile Gleichgewicht der Installation symbolisiert, wie wir Menschen aus dem Konzept kommen, wenn wir an unterschiedlichen Stellen unserer Haut berührt werden. Unsere Schleimhäute, also Lippen oder Geschlechtsteile, sind Haut, wie der Handrücken auch. Und doch können uns Berührungen an gewissen Stellen komplett aus dem Gleichgewicht bringen, unser Herz aufreissen.Das gilt auch für Männer, nicht wahr?Natürlich, das gilt genauso für die Haut auf der Eichel.Dieses Spiel mit der Pornografie, die nicht pornografisch ist, war schon früh Ihr Thema, etwa im «Pickelporno» von 1992.«Pickelporno» war damals ganz klar aus der Pornografiediskussion entstanden. In den 90er-Jahren haben sich viele daran gestört, dass die Sexualität so ausgeschlachtet wird. Mich hat mehr interessiert, darzustellen, wie sich diese Gefühle aus einer weiblichen Sicht zeigen.Ist Sex überhaupt darstellbar?Nur schwer, weil jede Darstellung nur an der Oberfläche kratzt – oder sollte ich sagen reibt?Heute ist Pornografie allgegenwärtig, Jugendliche schauen sie auf den Handys an. Verändert das etwas an der Aufgabe der Künstlerin?Es ist umso wichtiger, sie auch zum Thema zu machen. Die pornografische Darstellung blendet einen wichtigen Teil der Realität aus, den muss man erklären. Mit der extremen Hochauflösung, die heute möglich ist, kommt noch das Thema der Körperdarstellung dazu – jede Unreinheit der Haut wird wegretuschiert, was ein falsches Bild vermittelt. Jugendliche sollen lernen, wie man Filme macht, und selber welche machen.Machen sie ja auch, mit dem Handy, und schicken dann die Nacktaufnahmen von sich herum. Ein Problem?Eher Anreiz dazu, junge Menschen anzuleiten, wie man mit den Medien kompetenter umgeht. Gewisse Schulen lehren es ja bereits.Sie sind ja selber Mutter eines 14-jährigen Jungen. Sind solche Fragen ein Thema im Hause Rist?Jugendliche sprechen nicht über alles mit den eigenen Eltern. Das war schon immer so, denn sie lösen sich ab und müssen ein eigener Mensch werden.Ihre Zürcher Ausstellung wird von vielen Familien besucht, da gucken Mama, Papa und die Kinder gemeinsam zu, wie sich in Ihrer Installation «Mutaflor» der Mund öffnet, der After zusammenzieht…Vielleicht lachen sie gemeinsam darüber, wie sie vom Bild gefressen werden, das würde mir gefallen. Mir geht es auch

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Süsse Gegenwart

Süsse Gegenwart Ewa Hess | 5. Januar 2016 – 11:58 Trifft man in Russland einen Menschen beim Teetrinken an, sagt man nicht etwa: «prost», sondern «Zucker!». Das stammt aus einer Zeit, als das süsse Zeug noch nicht der allgegenwärtige, potenziell krank machende Luzifer war, sondern Seltenheitswert hatte und ein Objekt der Begierde war. Wir Menschen haben nun mal eine archaische Vorliebe für Süsses, das immer kompakte Kalorien, also einen Überlebensvorteil verspricht.Um sich vorzustellen, was die junge Künstlerin Meret Oppenheim in den 30-Jahren des vergangenen Jahrhunderts dazu inspiriert hat, einen Goldring mit einem Zuckerwürfel anstelle des Edelsteins zu entwerfen, muss man die Steinzeit aber kaum bemühen. Junge Menschen haben oft Hunger, junge Künstler selten Geld, und so ein starker, süsser Tee kann die Lebensgeister an einem kalten Tag schön wecken. Frau Oppenheim aus der Schweiz, in Paris mit den Surrealisten unterwegs, hatte ja damals einige Ideen, die den wichtigtuerischen Kollegen im Laufe der Jahre durchaus die Schau stahlen: eine Echse zum Ans-Ohr-Hängen, ein Knochencollier für um den Hals und vor allem, natürlich, auch die berühmte Tasse im Pelz, die bis heute so etwas wie die «Mona Lisa» des Museum of Modern Art in New York ist. Mir gefällt der süss bestückte Ring besser, und ich ziehe seinen Besitz jenem der anderen, teureren Werke vor. Mit so einem Ring ist man sowieso reich, denn man hat in jeder Lebenslage eine kleine Stärkung dabei. Man schleckt ein bisschen am Ring, und schon ist das Leben wieder süss. Glücklicherweise kommt das Schmuckstück (es wird nach dem Entwurf der Künstlerin wiederhergestellt) mit einem kleinen goldenen Werkzeug daher, sodass man einen Dorn der Halterung abschrauben und schnell einen neuen Würfel nachschieben kann. Darüber hinaus ist Zucker wirklich schön. Kleine, weisse Kristalle, die beim Kontakt mit Flüssigkeit bereitwillig dahinschmelzen. O nein, Zucker hat es ganz und gar nicht verdient, der Ernährungsmiesepeter der Moderne zu sein. Man muss ihn einfach in Massen geniessen. Und die Süsse in ihrer ganzen, auch metaphorischen Tiefe auskosten. Ewa Hess Publiziert in: objektliebe.tagesanzeiger.ch About Ewa HessSwiss journalist, Editor Arts @Sonntagszeitung, ZürichView all posts by Ewa Hess » @askewa @PSPresseschau Wunderbares textlein 🍀 thx 4 sharing 08:10:37 PM Mai 30, 2023 von &s in Antwort auf PSPresseschau@GESDA Hackathon 4 the future – Open Quantum Institute in the making. Impressive! https://t.co/hWBdlsEFkd 09:35:19 AM Mai 07, 2023 von &s in Antwort auf GesdaIt’s my #Twitterversary! I have been on Twitter for 13 years, since 26 Nov 2009 (via @twi_age). 01:00:51 AM Dezember 13, 2022 von &s @askewa folgen Neueste Beiträge Baselitz‘ WeltI likePrivate Sales, ein SchattenspielAdieu John BergerTalk mit Jacqueline Burckhardt Blogroll FAQNews-BlogPop MattersRevue 21Support ForumWordPress-Planet Themen Ai Weiwei Amerika Andy Warhol Aphrodite Ascona Baron Heinrich Thyssen Basel Biennale Venedig Bird’s Nest Caravaggio China Fischli/Weiss Fondation Beyeler Frank Gehry Georg Baselitz Gerhard Richter Ghirlandaio Gstaad Gurlitt Gustav Klimt Harald Szeemann Keanu Reeves Kunst Kunstmuseum Basel Louise Bourgeois Maja Hoffmann Maria Lassnig Marlene Dumas Melinda Nadj Abonji Monte Verità Nachtkritik Oprah Winfrey Pipilotti Rist Schweizer Architektur Schweizer Film Schweizer Kunst Schweizer Literatur Shakespeare Simon de Pury Thomas Hirschhorn Ugo Rondinone Urs Fischer Valentin Carron Warhol Weltwoche Previous PostNext Post Schreibe einen Kommentar Cancel Reply Logged in as Ewa Hess. Edit your profile. Log out? Required fields are marked * Message*

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Gurlitt und kein Ende

Gurlitt und kein Ende Ewa Hess | 1. Februar 2016 – 12:14 Ich besuche Marcel Brülhart, interimistischen Leiter des Kunstmuseums Bern, in seinen wunderbaren Büros in der Berner Alststadt. Wir sprechen über die neue Raubkunst-Sensibilität der Museen und die Konsequenzen der Causa Gurlitt. Natürlich frage ich auch, was es für das Kunstmuseum bedeuten wird, wenn endlich juristische Klarheit über die Rechtmässigkeit der Erbschaft herrscht. Der Berner Anwalt Marcel Brülhart, 47, leitete die Berner Verhandlungen in Zusammenhang mit dem Gurlitt-Erbe. Er ist auch mit der Aufgabe betraut, das Zentrum Paul Klee und das Kunstmuseum Bern unter einer Dachstiftung zusammenzuführen. Ab 1. März fungiert er als interimistischer Leiter der beiden Häuser. Noch vor einem Jahr hiess es, dass die Schweizer Museen an ihrer bisherigen Praxis in Sachen Raubkunst festhalten. Die Kulturbotschaft verspricht jetzt Bundesgeld für die Provenienzforschung, und schon hinterfragt man die Sammlungen. Erstaunt Sie das Tempo? Nein. Es ist angemessen. Schon als wir im Zusammenhang mit der Gurlitt-Erbschaft mit dem BAK Kontakt hatten, machten wir diesbezügliche Vorstösse. Innerhalb eines Jahres hat nun ein Umdenken eingesetzt. Das ist im Interesse der Museen – und der Schweiz. Genügen zwei Millionen Franken für die Aufgabe? Für den Anfang schon. Die Provenienzforschung ist aufwendig. Vorsichtig geschätzt, liegt der Bedarf in der Schweiz mindestens bei einer halben Million pro Jahr. Ein Fass ohne Boden? Nein, das sollte es nicht werden. Man kann von den Museen erwarten, dass sie jetzt nochmals eine grosse Anstrengung unternehmen. Doch irgendwann – ich rechne mit einem Zeithorizont von bis zu zehn Jahren – muss ein Strich unter der Sache gezogen werden. Die magere Aufklärungsquote der Gurlitt-Taskforce wirkt nicht ermutigend – ein Prozent bei 1,7 Millionen Euro Fördergeld. Sicher, Provenienzsuche ist schon jetzt eine mühsame und teure Forschung. Dokumente fehlen, Lebensläufe sind schwer rekonstruierbar. Doch gerade darum muss man diese Arbeit jetzt und nicht noch später machen. Ein anderer Aspekt: Bei den nachrichtenlosen Vermögen hat die Schweiz erst reagiert, als sie von aussen dazu gezwungen wurde. Das erwies sich als keine gute Strategie. Hand aufs Herz, jedes Museum kennt seine grossen Problemfälle. Sollte man diese Werke nicht erst zurückgeben, bevor man weiterforscht? Die Konsequenz der Provenienzforschung ist natürlich, dass man dann auch etwas tut. Das heisst aber nicht immer, dass man das Bild zurückgeben muss. Manchmal genügt es den Erben, dass man die Geschichte des Werks kennzeichnet, oder sie überlassen es dem Haus als eine Dauerleihgabe. Im Fall von «Le réveil» von Gustave Courbet aus der Sammlung des Kunstmuseums Bern wollte die Familie Wildenstein das von den Nazis geraubte Werk zurück, ein Schweizer Gericht entschied aber 1952 gegen eine Restitution. Wird man jetzt auf solche Gerichtsurteile zurückkommen? Gerichtsentscheide im Nachhinein ohne neue Fakten umzustossen, ist für eine Rechtsordnung höchst problematisch. Dass vor Jahrzehnten beurteilte Fälle gerade auch vor dem Hintergrund der Washingtoner Erklärung heute möglicherweise anders entschieden würden, ist aber auch eine Realität. Wird das Bild von Courbet ein Bestandteil der Ausstellung sein, in der das Kunstmuseum im April die Zweifelsfälle aus den eigenen Beständen präsentiert? Nein, denn diese Ausstellung beschränkt sich auf die Werke der sogenannten entarteten Kunst, welche die Nazis aus ihren eigenen deutschen Museen entwendet hatten. Das Werk von Courbet gehört nicht dazu. Wie geht es mit der Gurlitt-Erbschaft weiter? Wir erwarten den Entscheid des Münchner Gerichts im Frühjahr. Das Gerichtsgutachten hat unsere bisherigen Einschätzungen bestätigt, deshalb rechnen wir damit, die Erbschaft dann antreten zu können. Dazu muss man aber sagen, dass das Kunstmuseum Bern nie um die Erbschaft gekämpft hat. Wir wollten von der damit verbundenen Verantwortung nicht davonlaufen. Die deutsche Taskforce hat ihre Tätigkeit beendet. Wird nun Bern die Führung übernehmen ? Sobald wir das Erbe antreten, werden wir aktiver an der Forschung teilhaben können. Die Führung bleibt aber in Deutschland, beim Zentrum für Kulturgutverlust in Magdeburg. Es bleibt dabei, dass nur Werke ohne Raubkunstverdacht in die Schweiz kommen. Sind dem Museum in Zusammenhang mit der Causa Gurlitt bereits Kosten erwachsen? Natürlich. Wir sind nicht nur in den Erbstreit verwickelt, sondern müssen zusammen mit dem Nachlasspfleger auch völlig unverschämte Forderungen insbesondere eines ehemaligen Beraters von Gurlitt abwehren. Wie hoch ist die Summe? Mittlerweile über eine Million Franken, die das Museum aus seinen Reserven vorschiesst. Sollte die Erbschaft ins Museum kommen, werden diese Ausgaben aus den Vermögenswerten der Erbschaft erstattet. Und wenn nicht? Dann tragen wir den finanziellen Schaden. Was wir nicht verlieren, sind die weltweiten positiven Reaktionen zu unserem Vorgehen. Die Ankündigung Deutschlands, die Gurlitt-Bestände in Bonn nicht in Bern ausstellen zu wollen, sorgte für Wirbel. Gibt es da eine Einigung? Ja. Man kann so viel sagen, dass wir uns das Thema aufteilen und ergänzende Ausstellungen planen, damit möglichst viele Menschen in Europa an die Problematik herangeführt werden. Werke mit Raubkunstvergangenheit in Bern Die Schweiz war ein beliebter Umschlagplatz für Raubkunst. Der Bund spricht nun zwei Millionen Franken für Recherchen zur Herkunft der Werke mit Raubkunst-Vergangenheit. Im Kunstmuseum Bern befinden sich mehrere davon, nebst dem «Réveil» von Courbet (Wert ca. 50 Millionen), das dem Museum selbst gehört, auch Picassos «Buveuse assoupie» aus der Othmar-Huber-Stiftung (auf 100 Millionen geschätzt), ein Geschenk der Familie Troplowitz (Oskar Troplowitz erfand die Nivea) an die Kunsthalle Hamburg, der das Werk im Zuge der Entartete-Kunst-Säuberungen von den Nazis geraubt wurde. Publiziert in der Sonntagszeitung About Ewa HessSwiss journalist, Editor Arts @Sonntagszeitung, ZürichView all posts by Ewa Hess » @askewa @PSPresseschau Wunderbares textlein 🍀 thx 4 sharing 08:10:37 PM Mai 30, 2023 von &s in Antwort auf PSPresseschau@GESDA Hackathon 4 the future – Open Quantum Institute in the making. Impressive! https://t.co/hWBdlsEFkd 09:35:19 AM Mai 07, 2023 von &s in Antwort auf GesdaIt’s my #Twitterversary! I have been on Twitter for 13 years, since 26 Nov 2009 (via @twi_age). 01:00:51 AM Dezember 13, 2022 von &s @askewa folgen Neueste Beiträge Baselitz‘ WeltI likePrivate Sales, ein SchattenspielAdieu John BergerTalk mit Jacqueline Burckhardt Blogroll FAQNews-BlogPop MattersRevue 21Support ForumWordPress-Planet Themen Ai Weiwei Amerika Andy Warhol Aphrodite Ascona Baron Heinrich Thyssen Basel Biennale Venedig Bird’s Nest Caravaggio China Fischli/Weiss Fondation Beyeler Frank Gehry Georg Baselitz Gerhard Richter Ghirlandaio Gstaad Gurlitt Gustav Klimt Harald Szeemann Keanu Reeves Kunst Kunstmuseum

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Simon de Purys Messetipps

Simon de Purys Messetipps Ewa Hess | 31. Mai 2015 – 11:43 Den «Mick Jagger der Auktionshäuser» treffen wir in seinem Londoner Zuhause. Der Schweizer Kunsthändler Simon de Pury empfing uns in einem Salon voller Kunst und Design. Eine Lampe hat der österreichische Künstler Franz West entworfen, eine andere der isländisch-dänische Kunststar Olafur Eliasson. Im Treppenhaus des traditionellen Londoner Hauses im edlen Quartier Mayfair steht aber auch ein Kinderwagen – die Tochter von Simon de Pury und seiner zweiten Frau Michaela Neumeister ist drei Jahre alt. Der Hausherr schiebt der Interviewerin «den einzigen bequemen» Sessel zu und setzt sich in seinem untadeligen Zweireiher auf ein Design­sofa der brasilianischen Gebrüder Campana. Simon de Pury, geben Sie uns einen Insidertipp: Wonach soll man an der Art Basel, die morgen beginnt, Ausschau halten? Mein Tipp ist einfach: Halten Sie die Augen auf. Hören Sie nicht darauf, was Menschen sagen, sondern schauen Sie selbst. Man soll sich nicht schämen, wenn man etwas, das gerade angesagt ist, als nicht so cool empfindet. Nur denken Sie daran, dass Sie etwas, das Sie persönlich bewegt, erst beurteilen können, nachdem Sie sich mit der Sache gründlich befasst haben. Ist das an einer Messe überhaupt möglich? Falls jemand zum ersten Mal an einer Messe ist, sollte er sein Portemonnaie zu Hause lassen. Oder sich von einem Spezialisten wie Ihnen beraten lassen? Die erste Stufe unserer Beratung besteht darin, durch die Messe zu gehen und prinzipiell nichts zu kaufen. Warum? Es geht darum, herauszuspüren: Was macht bei einer bestimmten Person klick? Man muss auf dem persönlichen Bezug bestehen. Und wenn sich ein solcher nicht einstellt? Der kommt immer. Auch bei Menschen, die nur auf Investment aus sind. Auch die verlieben sich. Man kann ihnen dann noch so dringend raten, dass sie etwas verkaufen sollen, weil jetzt der optimale Moment sei. Plötzlich sagen sie: Nein, nein, von diesem Bild oder von diesem Objekt kann ich mich nicht trennen. Aber der heutige Kunstmarkt lädt doch förmlich zur Spekulation ein mit seinen märchenhaften Wertsteigerungen. Die Kunstauktionen, die vor drei Wochen in New York stattgefunden haben, sind in der Tat die erfolgreichsten der Kunstmarktgeschichte. Dem Kunstmarkt geht es sehr gut. Und ausgerechnet in einer ­solchen Zeit haben Sie dem ­Auktionsgeschäft den Rücken ­zugedreht und sind 2012 bei ­Phillips ausgestiegen? Das hat persönliche Gründe: Ich war 12 Jahre bei Phillips und wollte etwas Neues ausprobieren. Das habe ich immer so gemacht, alle 10 bis 12 Jahre einen Wechsel vollzogen. Was war dabei Ihr Leitfaden? Ich wollte immer nur eins: ein interessantes Leben führen. Gut, manchmal wurde es etwas zu interessant. Aber wie die Künstlerin Jenny Holzer uns schon in ihren Werken gewarnt hat: «Protect me from what I want . . .» Was war das «zu» Interessante beim Auktionsgeschäft? Das Auktionswesen, das ich nach wie vor sehr liebe – ich habe meine 12 Jahre bei Phillips geliebt und die 16 bei Sotheby’s ebenso –, bedeutet permanenten Druck. Das muss bei den Fussballtrainern genauso sein: Es ist immer das nächste Spiel oder eben bei uns die nächste Auktion, die zählt. Bei den Private Sales kann man sich etwas mehr Zeit lassen, Künstler- und Designerstudios besuchen. Das ist inspirierend. Was macht eigentlich ein Private-Sales- Spezialist? Wir arbeiten mit den Sammlern zusammen, helfen ihnen, Werke zu finden und zu kaufen. Es kommt auch vor, dass uns Menschen, die etwas versteigern lassen wollen, beauftragen, mit den Auktionshäusern zu verhandeln. Aber natürlich bleibt die grosse Frage, die uns umtreibt, die gleiche. Und die heisst? Was kommt morgen? Die grossen Namen der zeitgenössischen Kunst haben sich herauskristallisiert. Jetzt wollen wir wissen: Who are the big players of tomorrow? Manche meinen: Sobald Sie ein Atelier besucht haben, ist der Künstler oder die Künstlerin «gemacht». Oh, nein, diese Meinung trifft keinesfalls zu. Ohne ein grossartiges Werk des Künstlers geht es nicht. Ist da der Anfangserfolg nicht ausschlaggebend? Im Gegenteil. Es gibt sehr viele Künstler, die vielleicht fünf Jahre lang hervorragende Werke schaffen und dann, gerade wegen des Erfolgs, nur noch sich selbst wiederholen und jede Substanz verlieren. Ein grosser Künstler ist imstande, sich immer weiterzuentwickeln. Das sieht man jetzt in der Schau von Gerhard Richter bei der Fondation Beyeler in Basel. Richter schafft noch jetzt, mit 80, komplett neuartige Werke. Das ist aber kaum der Grund dafür, dass sich die Preise für Richters Werke in den letzten 10 bis 15 Jahren verzwanzigfacht ­haben? Die Preise sind generell in dieser relativ kurzen Zeit massiv gestiegen. Bis 2002 lag die Obergrenze für Werke von Francis Bacon bei 7,5 Millionen Dollar. Im November 2013 wurde ein Triptychon von ihm zum Rekordpreis von 143 Millionen Dollar versteigert. Was ist das teuerste Werk, das Sie je versteigert haben? Eins von Andy Warhol, «Men of Her Life». Es ging 2010 für 63,4 Millionen Dollar. Woher kommt dieser unstillbare Hunger nach der zeitgenössischen Kunst? Kunst ist Mainstream geworden wie die Musik. In den 60er-Jahren war die Popmusik etwas Rebellisches, das von der besseren Gesellschaft abgelehnt wurde. Wenn man die Rolling Stones oder Bob Dylan liebte, war das ein Widerstand gegenüber der vorhergehenden Generation. Dann kam der Moment, in dem Popmusik Main­stream wurde. Dasselbe passiert jetzt mit der Kunst. Sie wird zum Bestandteil des täglichen Lebens. Zu dieser Entwicklung haben ­glamouröse Auktionen, an welchen Sie den Hammer geschwungen ­ ­haben, durchaus beigetragen. Da gab es unsererseits schon einen gewissen Gestaltungswillen dem Markt gegenüber. Bei Phillips haben wir die Auktionen kuratiert, als ob es Ausstellungen wären. Das heisst, wir haben nicht einfach genommen, was kam, und es dann versteigert. Sondern wir haben eine Liste der Künstler zusammengestellt, die wir in der Auktion haben wollten. Nach welchen Kriterien? Jede Saison haben wir zwei, drei Künstler eingeführt, die noch nie an Auktionen verkauft worden waren. Gewisse Künstler, an die wir ganz stark glaubten, haben wir – wie sagt man? – auf die Überholspur gesetzt. Wie geht das? Es gibt die Tagesversteigerungen, die «day sales», und die Abendversteigerungen, die «evening sales», an welchen die wichtigsten, bedeutendsten Werke konzentriert und schnell versteigert werden. Gewisse Künstler haben wir damals als Statement direkt in die Abendauktion programmiert.

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Pamela Rosenkranz

Pamela Rosenkranz Ewa Hess | 28. April 2015 – 11:05 Nein, aus dem Schweizer Pavillon blubbert nichts heraus. Ein verstohlener Blick auf das noch nicht fürs Publikum zugängliche Gelände der Biennale bestätigt es. Der Backsteinbau im Eingangsbereich der Giardini sieht aus wie immer: unauffällig. Keine Spur von den geheimen Mixturen, die Pamela Rosenkranz, unsere Frau in Venedig, darin anrichtet. Aus dem Schatten der Bäume in der Parkallee, in der eine emsige Geschäftigkeit herrscht, löst sich eine schmale Frauengestalt, und Pamela Rosenkranz kommt uns entgegen. Es ist Mittagszeit in Venedig, es riecht nach Pasta mit Sugo. Die Künstlerin zieht ihre dunkelblaue Jacke enger um die Schultern, sie scheint an diesem warmen Apriltag zu frösteln. Die Konzentration auf die Arbeit umgibt sie wie eine kalte Seifenblase. Kaum sind unsere Primi und Secondi in einer kleinen Trattoria bestellt, kommt das Gespräch aufs Produkt. «Unser Produkt». Die hautfarbene Masse. «Our Product», so heisst Pamela Rosenkranzs Arbeit in Venedig. Gerade sie, die in der Gemeinde der jungen Post-Internet Künstler als spröde Wissenschaftlerin auffällt, wird den nüchternen Schweizer Pavillon mit einer sinnlich wogenden Installation konfrontieren. Dabei hat es der Schweizer Pavillon in Venedig den Künstlern nie leicht gemacht. Das Bauwerk von Albertos jüngstem Bruder ­­ Bruno Giacometti aus den 1950er-Jahren ist zwar die Ruhe selbst: drei Räume und ein Innenhof, mit gekonnt gebrochenem Tageslicht ausgestattet. Der Bau appelliert an das Gefühl der Bescheidenheit, wohl darum greifen ihn selbst provokante Künstler nur selten frontal an. Thomas Hirschhorn hat hier vor vier Jahren eine hochkomische Tropfsteinhöhle aus Wattestäbchen und Alufolie eingerichtet. ­Valentin Carron, der Star aus der Romandie, fügte sich vor zwei ­Jahren der Schönheit der Räume mit einem ruhigen Ensemble. Die perfekte Metapher: Der Mensch als Ursuppe Mit ihrem unheimlichen Labor voll hautfarbener Unappetitlichkeiten macht nun die junge Künstlerin so etwas wie eine Hexenküche auf im ehrwürdigen Schweizer Häuschen. Am Anfang ihrer Arbeit in Venedig stand allerdings ein Gedicht: «Monalin – Moriosyl – Morium», murmelt sie jetzt einige Wörter daraus, während wir auf den Fisch warten, «Mylium – Mymone – Nanindor». Sind das unbekannte Botenstoffe? So etwas wie Serotonin, Noradrenalin, Insulin? Naive Frage meinerseits, die mit einem Anflug von Lächeln belohnt wird. Natürlich nicht. «Das ist das lexikalische Feld der Arbeit», sagt sie. Hunderte dieser Wörter hat sie ersonnen, um das Produkt zu definieren. Sie hat den Hautton des durchschnittlichen Europäers errechnet, Pigmente angerührt, die Formulierung für eine zähe Flüssigkeit daraus abgeleitet, die sie noch mit echten Ingredienzen anreichern will. Bald wird sie all das vor Ort zu einem Exponat mischen, dessen wellenartig bewegte Masse den ganzen Raum füllt. Maschinell mahlender Sound und eigens entworfene Gerüche machen die Metapher perfekt: der Mensch als Ursuppe. «Vielleicht Ursuppe» sagt Rosenkranz. «Oder aber nicht Suppe, sondern das Wasser von San Lorenzo», sagt sie und hebt den Blick. Sie hat sich nun warmgeredet. Pamela Rosenkranz erzählt mir von ihrer venezianischen Inspiration. «Miracolo della croce caduta nel canale di San Lorenzo» heisst das Bild. Das in der Accademia ausgestellte Gemälde zeigt eine Szene aus dem mittelalterlichen Venedig. Das Kreuz, eine heilige Reliquie mit einem Splitter des echten Kreuzes Jesu, ist ins Wasser gefallen. Die umstehenden Menschen – es ist eine ansehnliche Menge – sind vor Schrecken erstarrt. Einige versuchen es zu retten. Ein venezianischer «Mohr» hat sich schon ausgezogen, um ins Wasser zu springen. Doch der Ordensvorsteher Andrea Vendramin (er hat das Bild beim Maler Gentile Bellini bestellt) ist schneller, er hält das Allerheiligste bereits sicher in der Hand und trägt es ans Land. «Ähnlich wundersame Wirkung wie damals von den Reliquien, erhofft man sich heute von Lebensmitteln oder Medikamenten», sagt die Schöpferin der modernen Ursuppe. Wir denken beide, schweigend, an ein bestimmtes Süssgetränk, das Flügel verleihen soll. Früh stürzte sie sich in die Geheimnisse der Life-Sciences Als eine platte Kritik an kapitalistischer Lebensvermarktung will Rosenkranz ihre Kunst dennoch nicht verstanden wissen. «Eine platte schon gar nicht», sagt sie schnippisch und zeigt wieder ein kleines Lächeln. Auswüchse des kapitalistischen Übergriffs auf die menschliche Integrität machen ihr trotzdem, wie jedem, Sorgen. «Wenn man anfängt, Brustkrebsgene zu patentieren, könnte es in einer nächsten Phase geschehen, dass ökonomische Interessen die Ärzte an der Lebensrettung hindern», sagt sie. Dagegen aufzurütteln sieht sie aber nicht als die Aufgabe ihrer Kunst an. Das stimmt zwar, sie stellt das Menschliche auf eine inhumane Art dar («Inhuman» hiess etwa die Ausstellung im Fridericianum in Kassel, bei der sie bereits mit der Kuratorin Susanne Pfeffer zusammengearbeitet hat, die auch den Schweizer ­Pavillon kuratiert) – aber sind wir Menschen nicht wirklich auch als die Summe von Farben, Ingredienzen und Ein­flüssen zu verstehen? Die blitzgescheite Tochter eines Juristen und einer Physiotherapeutin aus Spiez stürzte sich früh in die Geheimnisse der zeitgleich mit ihr aufblühenden Life-Sciences: Neurowissenschaft, Biochemie, Genetik. Auch heute verschlingt Pamela Rosenkranz wissenschaftliche Essays wie andere Romane. Sie ist mit Wissenschafts­philosophen wie Reza Negarestani befreundet, auch ihr Mann ist einer. Sie ist ein ernstes Geschöpf, diese 35-jährige Absolventin der Berner Kunstschule mit dem Namen einer Bühnenheldin (wir erinnern uns an Hamlets Schulfreunde Rosencrantz und Guildenstern). Es ist ihr echter Name, der ihres Vaters, den sie in einem Anflug von neckischer Zärtlichkeit als den «Woody Allen des Berner Oberlandes» bezeichnet. Momente, in denen sie etwas von ihrem Innenleben zeigt, sind sonst selten. In ihrer logischen und rationellen Art ähnelt Pamela Rosenkranz meist ein bisschen der schönen Replikantin aus Ridley Scotts Kultfilm «Blade Runner» – man meint während des Gesprächs, die Rechenleistung des Computers hinter der Stirn leicht surren zu hören. «Rational bin ich eigentlich nicht», sagt sie jetzt, wie stets um höchste linguistische Präzision bemüht, «cerebral triffts besser.» Wenn so viele sie gut finden, ist sie wohl auch gut Diese Wesensart muss als Erklärung dafür herhalten, dass gerade jetzt, im Vorfeld der Biennale, Medienstimmen laut werden, die Pamela Rosenkranz eine berechnende «Blitzkarriere» hämisch zur Last legen. Sie sei eine «strategische Netzwerkerin» (schreibt «Die Zeit»), «Karriere nach Masterplan» bescheinigt ihr die «Schweiz am Sonntag». Tatsächlich hat die wegweisende Arbeit der jungen Frau schon früh Eingang in zeitkritische Gruppenschauen gefunden: Berlin Biennale, Manifesta, Kunsthallen in der Schweiz und weltweit, Swiss Insititute New York …

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Marlene zweifelt, grandios

Marlene zweifelt, grandios Ewa Hess | 28. Mai 2015 – 06:36 Die Südafrikanerin Marlene Dumas, eine Kaskade blonder Locken, wogende weiche Brust und ansteckendes Kichern, ist die Malerfürstin unserer Zeit. Oder das Nächste, was an die Bezeichnung herankommt. Ich durfte sie im Vorfeld ihrer grossen Ausstellung in der Fondation Beyeler in London treffen – hier mein Bericht. Männliche Malerfürsten kennt man – mit wenigen Ausnahmen kommen sie aus Deutschland: Gerhard Richter, ­Georg Baselitz, Markus Lüpertz. Sie sind virtuos, selbstsicher, haben eine imperiale Malgeste und sagen Sachen wie kürzlich Baselitz dem «Spiegel»: dass die Frauen nicht malen können. Nun, diese eine kann. Darüber gibt es keinen Zweifel. Selbst bei ihren Kritikern nicht. Ihr virtuoser Strich, die mühelose Beherrschung der Farbe, die schnellen Wechsel zwischen Tusche, Öl, Acryl, Aquarell, wobei Öl nicht selten wie Aquarell aussehen kann, die stupende Verwandlung der medialen Bilderflut in Tableaus von existenzieller Tiefe – darin gleicht Mar­lene Dumas vielleicht am ehesten dem grossen Gerhard Richter, dass sie das alles nur so aus dem Pinsel schütteln kann. Die grossen Retrospektiven der letzten Jahre haben ein Land nach dem anderen in den Zustand der Be- und auch Verwunderung über ihre beflügelte Fertigkeit versetzt. Die, welche in zwei Wochen in die Fondation Beyeler kommt, war schon (leicht anders) in Amsterdam und in der Tate ­Modern in London zu sehen. Sammler halten an ihren Werken mit religiösem Eifer fest «Oh, nein, nein», ruft Marlene Dumas bei unserem Treffen in einem Londoner Café unweit der Tate und schüttelt ihre unbändigbare Mähne. «Nennen Sie mich nicht Meisterin! Vor jedem neuem Werk stehe ich perplex da und weiss nicht, wo beginnen.» Und dann lacht sie, als ob sie mir gerade einen guten Witz erzählt hätte. «Wenn man erst tot ist, scheint alles so wunderbar logisch, solange man aber lebt …» sie winkt ab, «… it is a mess, a mess!», ruft sie dann laut, bis sich die Köpfe nach uns umdrehen. Ihr südafrikanisch gefärbtes Englisch wärmt, die sorglose Herzlichkeit auch. «A mess», das heisst Chaos, denkt man, der Urzustand, aus dem alles Leben entstand. Nichts bereitet einen weniger vor auf die quirlige Lebhaftigkeit von Marlene Dumas’ Person als ihre Werke. Sie sind weder unordentlich noch üppig. Auch nicht fröhlich. Der Humor, der hie und da vorkommt, ist eher schwarzer oder derber Art. Und doch treffen einen ihre Bilder mitten ins Gesicht. Sie erschüttern jede Gewissheit – was ist gut, was ist böse? Wozu sind wir auf dieser Erde? Und warum so kurz? Veronikas Schweisstuch mit dem Gesichtsabdruck Jesu stellt man sich so wie diese Bilder vor. Die Farbe wässrig, die Linie rudimentär, der Ausdruck aufs Wesentliche reduziert. Eine trauerlose Ahnung des Todes schlummert in all diesen Porträts, Figuren, Szenen, auch wenn sie handfeste Erotik ausstrahlen. Kein Wunder, halten Sammler von Marlene Dumas’ Werken an ihrem Besitz mit religiösem Eifer fest. Sotheby’s gibt selbst zu, 5 Millionen Pfund Garantie einem Privatsammler für ein Werk geboten zu haben – vergeblich. Wenn mal etwas versteigert wird, bricht es schnell Rekorde. Wie «The Visitor» 2008, das sie mit 3,1 Millionen Dollar Zuschlagpreis kurz zur teuersten lebenden Künstlerin machte. Inzwischen ist sie die drittteuerste – nach Yayoi Kusama und Cady Noland. Malt man so wie Dumas, wenn man mitten in der Apartheid in Südafrika aufgewachsen ist? Die 61-Jährige lebt erst seit den 1970er-Jahren in Holland. «In Südafrika», antwortet Dumas nachdenklich, «blieb vieles unausgesprochen. Das war das Schwierige.» Dann zieht sie ein Buch hervor, in dem sie einst schrieb: «Südafrika ist mein Inhalt, Holland ist meine Form, aber die Bilder, mit welchen ich mich beschäftige, kennt jeder.» Anders als bei der Malerinnengeneration vor ihr, etwa bei Maria Lassnig oder Louise Bourgeois, erscheint bei Dumas der Frauenkörper nicht als wund. Mit ihren Brüsten, Haaren, mit ihren Beinen und Schenkeln sind Dumas’ «Models» oder «Magdalenas» besser geerdet als die Männer, deren gequälte Blicke von Zwang und Verrat erzählen und die sich manchmal an ihrer Erektion festhalten, als ob sie ihre letzte Zuflucht wäre. Aber dann sind noch ihre Kinderbilder da. Sie zeigen Unschuld, deuten aber immer auch ihren Missbrauch an. Das stärkste darunter, «The Painter» von 1994, zeigt Dumas’ kleine Tochter Helena. Die eine Hand mit roter Farbe verschmiert, schaut die kleine Malerin trotzig unter der gesenkten Stirn hervor. Unheimlicher könnte die Wirkung eines Kinderbildes nicht sein. Das blasse Geschöpf scheint seine Hand ins Blut getaucht zu haben, die Augen leuchten dunkel, blaue Schatten lauern in des Kindes Schoss. «Manche finden das nicht gut, dass ich meine Tochter so malte», sagt Dumas. «Aber das Bild hat mit ihr nichts zu tun.» Seltsamer­weise stimmt das. Sie schafft es, ihre Sujets zu Trägern einer universellen Wahrheit zu machen, egal, ob die Vorlage aus dem Familienalbum oder aus der Zeitung stammt. Den Medien entnahm sie etwa das Bild für ihr Porträt von Osama bin Laden. Als das Gemälde für die Sammlung des Stedelijk-Museums angekauft wurde, gab es in Holland Aufregung. Darf man den Terroristen so freundlich malen? Osamas Antlitz wirkt bei Dumas sanft entrückt. In den blau unterlaufenen Augen, in der sinnnlich geschwollenen Unterlippe ergiesst sich eine Energie, die nicht von dieser Welt zu sein scheint: der Jihadist als jüdischer Dibbuk. Ihre Bilder sind oft nicht das, was sie zu sein scheinen «Mediale Bilder scheinen das eine zu sein, sie zeigen aber in Wirklichkeit etwas anderes», sagt sie. Das reizt sie. Gerade solche Vorlagen sind ihr die liebsten. In «Wall Wailing» meint man etwa, orthodoxe Juden an der Klagemauer in Jerusalem beten zu sehen. Doch es sind Palästinenser, von den israelischen Soldaten an die Gaza-Trennmauer gestellt. «Malen ist eigentlich weiblich», sagt Marlene Dumas, als ob sie damit ihre eigenwillige Geschichtsauslegung rechtfertigen wollte. «Oder besser gesagt, androgyn. Wie es Meret Oppenheim formulierte.» Was würde sie Georg Baselitz auf seine sexistische Unterstellung antworten? «Ich würde sagen, Herr Baselitz, Sie malen besser, als Sie meinen! Und Kopf hoch, ich mag deutschen Humor» – man sage ja, die Deutschen hätten keinen, flüstert sie mir zu und kichert. «Marlene Dumas», Fondation Beyeler in Riehen, 31. 5. bis 6. 6. Der Artikel ist am 24.05.2015 in der SonntagsZeitung erschienen About

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Büchels Moschee in Venedig

Büchels Moschee in Venedig Ewa Hess | 27. Mai 2015 – 10:57 Ich war an der Eröffnung von Christoph Büchels Kunstprojekt in Venedig dabei. Der Island-Schweizer liess an der Biennale die Muslime in einer umgenutzten katholischen Kirche beten. Bis die Stadt das Gebäude schloss. Nach den starken, intensiv positiven Emotionen der Eröffnung, die zu einer wunderbaren Versöhnungsfeier der Religionen wurde – unverständlich und dumm. Also doch. Am Freitag schlossen die venezianischen Stadtbehörden die Installation «The Mosque» des Schweizer Künstlers Christoph Büchel. Nach zwei Wochen der Diskussionen, der Anzeigen und der darauf folgenden staatlichen Kontrollen teilte die Stadtverwaltung von Venedig den Verantwortlichen des isländischen Pavillons und der Biennale mit, dass die Genehmigungen zurückgenommen worden seien. Die Gebetswilligen erhielten keinen Einlass mehr. Der Fall ist interessant. Es geht um den Umgang mit Religion und um unsere Bereitschaft, die liberalen Tendenzen des Islam zu stärken. Eine politische Kunst hatte der Biennale-Leiter Okwui Enwezor gefordert. Und «The Mosque» löste diese Forderung besser ein als die beiden Hauptausstellungen der Biennale. Die Projekte des in Island lebenden Schweizers zielen immer in die Mitte ­einer schwelenden sozialen Unruhe. In Venedig, der traditionellen Pforte zum Orient, sind die islamischen Kultur­einflüsse überall anzutreffen. Trotzdem gab es im historischen Zentrum der Stadt nie eine funktionierende ­Moschee. Ein Lager wird zur Moschee Diese zu finden, war eine Aufgabe nach Büchels Gusto. Nur – und das ist der provokative Teil seines Beitrags –, er richtete diese Kunst-Moschee in einer katholischen Kirche ein, in der Santa Maria della Misericordia de L’Abazia, die er nach langer Suche fand. Die Kirche wurde Anfang der 70er-Jahre privatisiert und desakralisiert (die Gegner behaupten zwar, der Akt der Desakralisierung habe nicht stattgefunden, doch die Isländer haben Belege). Die ehemalige Kirche wurde bisher als Lagerraum gebraucht und kann gemietet werden. Büchel stattete die Kirche als Moschee aus, mit Teppich samt aufgemalten Gebetsnischen, orientalischem Lüster, Koransprüchen über den Türen, einer Mihrab-Nische, welche die Gebetsrichtung anzeigt, und einem LED-Display mit aktuellen Gebetsstunden. Die Eröffnung am 8. Mai geriet zu einer herzerwärmenden Feier der Verbrüderung. Mohammed Amin al-Ahdab, ein Architekt und Präsident der islamischen Gemeinde Venedigs, dankte in einer Rede für die «Magie der Kunst», welche die «Herzen der Muslime» erleuchte. Manche Männer beteten vom ersten ­Moment an. Frauen fühlten sich auf ihrer Empore wohl, Kinder kreischten. Das Kunstvolk zog folgsam die Schuhe aus. Trotzdem: Die Proteste begannen sofort nach der Eröffnung und kulminierten in einer Anzeige, die der venezianische Kunsthistoriker Alessandro Tamborini erstattete. Er weigerte sich, beim Besuch seine Schuhe auszuziehen: Da dies ein Pavillon der Biennale sei, könne es sich nicht um einen Kultort handeln. Also schloss die Stadtverwaltung um der Ruhe willen jetzt die «Mosque». Unter dem formalistischen Vorwand, dass die Maximalzahl von Besuchern überschritten wurde. Das befriedigt nun aber weder die Gegner, die ein Exempel statuieren wollten, noch die Organisatoren, die auf eine offene Diskussion über den Umgang mit den Grundrechten der islamischen Minderheit in Italien hofften. Denn nach der Schliessung regt sich auch in Kunstkreisen Kritik. Kritik an Büchel Büchel spiele mit dem Feuer, heisst es, er provoziere eine mediale Schlammschlacht, die auch islamische Fanatiker alarmieren könnte. Indem er darauf ­bestehe, seine Aktion in einer Kirche zu ­inszenieren, riskiere er verletzende ­Bemerkungen und befeuere eine Hetze gegen just die Menschen, bei deren ­Integration er helfen wollte. Dass «The Mosque» dennoch ein Projekt ist, das die liberalen Tendenzen des Islams stärkt, zeigte sich deutlich an der Eröffnungsfeier. Es ist doch immerhin erstaunlich, dass die islamische Gemeinde Venedigs sich dem Biennale-«Tross» vorbehaltlos geöffnet und die zwar wohlmeinenden, aber schrillen Kunstliebhaber aus aller Welt in ihrer Mitte mit offenen Armen empfangen hat. Wem übrigens die Vermischung von Kunst und Religion nicht ganz geheuer vorkommt, kann einen Abstecher in eine der vielen anderen Kirchen der Stadt machen. Dort werden die grössten Werke der abendländischen Kunst von Touristenmassen bestaunt, während ­venezianische Omas inbrünstig beten. Publiziert im Tages Anzeiger am 27. Mai 2015 About Ewa HessSwiss journalist, Editor Arts @Sonntagszeitung, ZürichView all posts by Ewa Hess » @askewa @PSPresseschau Wunderbares textlein 🍀 thx 4 sharing 08:10:37 PM Mai 30, 2023 von &s in Antwort auf PSPresseschau@GESDA Hackathon 4 the future – Open Quantum Institute in the making. Impressive! https://t.co/hWBdlsEFkd 09:35:19 AM Mai 07, 2023 von &s in Antwort auf GesdaIt’s my #Twitterversary! I have been on Twitter for 13 years, since 26 Nov 2009 (via @twi_age). 01:00:51 AM Dezember 13, 2022 von &s @askewa folgen Neueste Beiträge Baselitz‘ WeltI likePrivate Sales, ein SchattenspielAdieu John BergerTalk mit Jacqueline Burckhardt Blogroll FAQNews-BlogPop MattersRevue 21Support ForumWordPress-Planet Themen Ai Weiwei Amerika Andy Warhol Aphrodite Ascona Baron Heinrich Thyssen Basel Biennale Venedig Bird’s Nest Caravaggio China Fischli/Weiss Fondation Beyeler Frank Gehry Georg Baselitz Gerhard Richter Ghirlandaio Gstaad Gurlitt Gustav Klimt Harald Szeemann Keanu Reeves Kunst Kunstmuseum Basel Louise Bourgeois Maja Hoffmann Maria Lassnig Marlene Dumas Melinda Nadj Abonji Monte Verità Nachtkritik Oprah Winfrey Pipilotti Rist Schweizer Architektur Schweizer Film Schweizer Kunst Schweizer Literatur Shakespeare Simon de Pury Thomas Hirschhorn Ugo Rondinone Urs Fischer Valentin Carron Warhol Weltwoche Previous PostNext Post Schreibe einen Kommentar Cancel Reply Logged in as Ewa Hess. 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