Kunsthandel

Private Sales, ein Schattenspiel

Private Sales, ein Schattenspiel March 22, 2017 Ewa Hess Der Kunstmarkt folgt seiner Vorliebe für das Schattenspiel in den «Private Sales»-Sektor. Warum? Ist wohl nicht schwer nachzuvollziehen, um Regulierungsbestrebungen auszuweichen. Mein Artikel in der Sonntagszeitung dazu: Hat sie oder hat sie nicht? Auf Wirtschaftsportalen und in Kunstzeitschriften wird gemunkelt, eine «gut informierte Person» soll es einem «Marktinsider» erzählt haben, und die Experten halten es für «durchaus wahrscheinlich». Das Gerücht: Die US-Entertainerin Oprah Winfrey soll ihren Klimt verkauft haben. Für 150 Millionen Dollar. Nach China. Die Sammler dort sind gerade wild auf Klimt. Und Winfreys Bild ist nicht irgendein Klimt, sondern das Schwesterbild zur berühmten «Woman in Gold», auch ein Porträt der Wiener Industriellengattin Adele Bloch-Bauer, zwar ohne Gold, dafür mit dekorativer Hutkrempe. Gekauft, das steht fest, hat die TV-Frau das Bild 2006 für 87,6 Millionen Dollar an einer Auktion von Christie’s. Das ist Allgemeinwissen, denn die Auktionen finden nicht hinter verschlossenen Türen statt. Was vielen Teilnehmern des boomenden Markts gar nicht in den Kram passt. Die schlagzeilensichernden Preis-Rekordmeldungen, bis jetzt ein probates Werbemittel der grossen Auktionshäuser, kommen deshalb aus der Mode. Die neusten Zahlen zeigen: 70 Prozent aller Kunsthandänderungen finden in sogenannten Private Sales statt. Das geht aus dem jährlich erscheinenden Marktreport hervor, der von der Maastrichter Kunstmesse Tefaf erhoben wird und am Mittwoch veröffentlicht wurde. Drastischer Einbruch im eigentlichen Auktionsgeschäft Anders als eine öffentliche Auktion wird ein Private Sale abseits des Rampenlichts abgewickelt. «Flexibilität, Direktheit und Diskretion» seien die Werte, denen sich ihre Private-Sale-Abteilung verschrieben habe, wirbt etwa das Auktionshaus Sotheby’s auf seiner Website. Spezialisten des Hauses besorgen die Expertise, überwachen die Verträge und bürgen für eine ordentliche Abwicklung. Dass sie die passenden Käufer (bzw. Verkäufer, wenn jemand eine Ergänzung seiner Sammlung sucht) kennen und auftreiben, gehört zum Service dazu. Der allerdings nur für Objekte im Wert von mehr als 100 000 Dollar angeboten wird. Wichtige Marktplayer haben sich nach und nach aus den Auktionshäusern in ihre eigenen Kunstmarktboutiquen verabschiedet, wie etwa der prominente Schweizer Auktionator Simon de Pury, der 2013 Phillips verliess und mit seiner Frau die Firma De Pury de Pury gründete. Oder jüngst Brett Gorvy, der beliebte Chairman der Post-War- und Contemporary-Abteilung bei Christie’s, der nach 23 erfolgreichen Jahren zur Schweizer Kunsthändlerin Dominique Lévy überlief und als Lévy Gorvy diskreter als zuvor weitermachte. Alarmiert von einem Einbruch im eigentlichen Auktionsgeschäft (das 2016 laut der Londoner Firma Art Tactic im Bereich der zeitgenössischen Kunst um 33 Prozent kleiner ausfiel), vergrössern die etablierten Versteigerer nun ihre eigenen Private-Sales-Abteilungen und stellen auch kunstmarktfremde Spezialisten an, Sotheby’s etwa jüngst den Wallstreet-Banker David Schrader, der von J. P. Morgan Chase kommt. Der Hauptvorteil des neuen Geschäftszweigs liegt auf der Hand: die Diskretion. Obwohl sämtliche Marktteilnehmer scheinheilig ihre Unschuld betonen und den Verdacht der Geldwäsche und des Steuerbetrugs weit von sich weisen, bleibt das Kaufen und Verkaufen hochwertiger Kunstwerke jene letzte Oase der Geheimnistuerei, die bei dem Katz- und-Maus-Spiel mit dem Fiskus den nötigen Rechtsschatten bieten kann. Rachel Pownall, die neue Autorin des Tefaf-Reports, unternahm mit ausgeklügelten Statistiken und Befragungen eine neue Anstrengung, um den Anteil der Privattransaktionen am gesamten Volumen des Markts zu beziffern. Doch selbst sie gibt in ihrem Vorwort zu, dass viele der Verkäufe spurlos in Steuerverstecken und Offshore-Konstrukten verschwinden, während die Werke in einem Freilager schlummern. @askewa Neueste Beiträge All Posts Allgemein Kunst Kunsthandel Baselitz‘ Welt I like Private Sales, ein Schattenspiel Kategorie Allgemein (1) Kunst (1) Kunsthandel (1) Schlagwörter fondation-beyeler georg-baselitz Next Post Schreibe einen Kommentar Cancel Reply Logged in as Ewa Hess. Edit your profile. Log out? Required fields are marked * Message*

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Simon de Purys Messetipps

Simon de Purys Messetipps Ewa Hess | 31. Mai 2015 – 11:43 Den «Mick Jagger der Auktionshäuser» treffen wir in seinem Londoner Zuhause. Der Schweizer Kunsthändler Simon de Pury empfing uns in einem Salon voller Kunst und Design. Eine Lampe hat der österreichische Künstler Franz West entworfen, eine andere der isländisch-dänische Kunststar Olafur Eliasson. Im Treppenhaus des traditionellen Londoner Hauses im edlen Quartier Mayfair steht aber auch ein Kinderwagen – die Tochter von Simon de Pury und seiner zweiten Frau Michaela Neumeister ist drei Jahre alt. Der Hausherr schiebt der Interviewerin «den einzigen bequemen» Sessel zu und setzt sich in seinem untadeligen Zweireiher auf ein Design­sofa der brasilianischen Gebrüder Campana. Simon de Pury, geben Sie uns einen Insidertipp: Wonach soll man an der Art Basel, die morgen beginnt, Ausschau halten? Mein Tipp ist einfach: Halten Sie die Augen auf. Hören Sie nicht darauf, was Menschen sagen, sondern schauen Sie selbst. Man soll sich nicht schämen, wenn man etwas, das gerade angesagt ist, als nicht so cool empfindet. Nur denken Sie daran, dass Sie etwas, das Sie persönlich bewegt, erst beurteilen können, nachdem Sie sich mit der Sache gründlich befasst haben. Ist das an einer Messe überhaupt möglich? Falls jemand zum ersten Mal an einer Messe ist, sollte er sein Portemonnaie zu Hause lassen. Oder sich von einem Spezialisten wie Ihnen beraten lassen? Die erste Stufe unserer Beratung besteht darin, durch die Messe zu gehen und prinzipiell nichts zu kaufen. Warum? Es geht darum, herauszuspüren: Was macht bei einer bestimmten Person klick? Man muss auf dem persönlichen Bezug bestehen. Und wenn sich ein solcher nicht einstellt? Der kommt immer. Auch bei Menschen, die nur auf Investment aus sind. Auch die verlieben sich. Man kann ihnen dann noch so dringend raten, dass sie etwas verkaufen sollen, weil jetzt der optimale Moment sei. Plötzlich sagen sie: Nein, nein, von diesem Bild oder von diesem Objekt kann ich mich nicht trennen. Aber der heutige Kunstmarkt lädt doch förmlich zur Spekulation ein mit seinen märchenhaften Wertsteigerungen. Die Kunstauktionen, die vor drei Wochen in New York stattgefunden haben, sind in der Tat die erfolgreichsten der Kunstmarktgeschichte. Dem Kunstmarkt geht es sehr gut. Und ausgerechnet in einer ­solchen Zeit haben Sie dem ­Auktionsgeschäft den Rücken ­zugedreht und sind 2012 bei ­Phillips ausgestiegen? Das hat persönliche Gründe: Ich war 12 Jahre bei Phillips und wollte etwas Neues ausprobieren. Das habe ich immer so gemacht, alle 10 bis 12 Jahre einen Wechsel vollzogen. Was war dabei Ihr Leitfaden? Ich wollte immer nur eins: ein interessantes Leben führen. Gut, manchmal wurde es etwas zu interessant. Aber wie die Künstlerin Jenny Holzer uns schon in ihren Werken gewarnt hat: «Protect me from what I want . . .» Was war das «zu» Interessante beim Auktionsgeschäft? Das Auktionswesen, das ich nach wie vor sehr liebe – ich habe meine 12 Jahre bei Phillips geliebt und die 16 bei Sotheby’s ebenso –, bedeutet permanenten Druck. Das muss bei den Fussballtrainern genauso sein: Es ist immer das nächste Spiel oder eben bei uns die nächste Auktion, die zählt. Bei den Private Sales kann man sich etwas mehr Zeit lassen, Künstler- und Designerstudios besuchen. Das ist inspirierend. Was macht eigentlich ein Private-Sales- Spezialist? Wir arbeiten mit den Sammlern zusammen, helfen ihnen, Werke zu finden und zu kaufen. Es kommt auch vor, dass uns Menschen, die etwas versteigern lassen wollen, beauftragen, mit den Auktionshäusern zu verhandeln. Aber natürlich bleibt die grosse Frage, die uns umtreibt, die gleiche. Und die heisst? Was kommt morgen? Die grossen Namen der zeitgenössischen Kunst haben sich herauskristallisiert. Jetzt wollen wir wissen: Who are the big players of tomorrow? Manche meinen: Sobald Sie ein Atelier besucht haben, ist der Künstler oder die Künstlerin «gemacht». Oh, nein, diese Meinung trifft keinesfalls zu. Ohne ein grossartiges Werk des Künstlers geht es nicht. Ist da der Anfangserfolg nicht ausschlaggebend? Im Gegenteil. Es gibt sehr viele Künstler, die vielleicht fünf Jahre lang hervorragende Werke schaffen und dann, gerade wegen des Erfolgs, nur noch sich selbst wiederholen und jede Substanz verlieren. Ein grosser Künstler ist imstande, sich immer weiterzuentwickeln. Das sieht man jetzt in der Schau von Gerhard Richter bei der Fondation Beyeler in Basel. Richter schafft noch jetzt, mit 80, komplett neuartige Werke. Das ist aber kaum der Grund dafür, dass sich die Preise für Richters Werke in den letzten 10 bis 15 Jahren verzwanzigfacht ­haben? Die Preise sind generell in dieser relativ kurzen Zeit massiv gestiegen. Bis 2002 lag die Obergrenze für Werke von Francis Bacon bei 7,5 Millionen Dollar. Im November 2013 wurde ein Triptychon von ihm zum Rekordpreis von 143 Millionen Dollar versteigert. Was ist das teuerste Werk, das Sie je versteigert haben? Eins von Andy Warhol, «Men of Her Life». Es ging 2010 für 63,4 Millionen Dollar. Woher kommt dieser unstillbare Hunger nach der zeitgenössischen Kunst? Kunst ist Mainstream geworden wie die Musik. In den 60er-Jahren war die Popmusik etwas Rebellisches, das von der besseren Gesellschaft abgelehnt wurde. Wenn man die Rolling Stones oder Bob Dylan liebte, war das ein Widerstand gegenüber der vorhergehenden Generation. Dann kam der Moment, in dem Popmusik Main­stream wurde. Dasselbe passiert jetzt mit der Kunst. Sie wird zum Bestandteil des täglichen Lebens. Zu dieser Entwicklung haben ­glamouröse Auktionen, an welchen Sie den Hammer geschwungen ­ ­haben, durchaus beigetragen. Da gab es unsererseits schon einen gewissen Gestaltungswillen dem Markt gegenüber. Bei Phillips haben wir die Auktionen kuratiert, als ob es Ausstellungen wären. Das heisst, wir haben nicht einfach genommen, was kam, und es dann versteigert. Sondern wir haben eine Liste der Künstler zusammengestellt, die wir in der Auktion haben wollten. Nach welchen Kriterien? Jede Saison haben wir zwei, drei Künstler eingeführt, die noch nie an Auktionen verkauft worden waren. Gewisse Künstler, an die wir ganz stark glaubten, haben wir – wie sagt man? – auf die Überholspur gesetzt. Wie geht das? Es gibt die Tagesversteigerungen, die «day sales», und die Abendversteigerungen, die «evening sales», an welchen die wichtigsten, bedeutendsten Werke konzentriert und schnell versteigert werden. Gewisse Künstler haben wir damals als Statement direkt in die Abendauktion programmiert.

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