Pritzkerpreis für Ban
Pritzkerpreis für Ban Ewa Hess | 2. April 2014 – 14:27 Mit dem aktuellen Pritzker-Preis-Träger Architekt Shigeru Ban sprach ich vor anderthalb Jahren, als er das Meidenhaus der Tamedia baute. Ein charmanter und kluger Mann! Wir sprachen über das Bauen mit Holz und Karton, sein Vorbild Le Corbusier, die traditionelle japanische Lebensweise und einen Hut als Muster für das Dach des Centre Pompidou von Ewa Hess Der japanische Architekt Shigeru Ban, 56, hat Unterkünfte für die obdachlos gewordenen Menschen in Ruanda und Kobe entworfen und mit dem aus Papier erbauten Japan- Pavillon an der Expo Hannover Geschichte geschrieben. Wir treffen den international gefragten Stararchitekten und Baumeister des neuen Medienhauses von Tamedia auf der Baustelle. Shigeru Ban, der eben aus Moskau kommt, wirft einen schnellen Blick auf die Fortschritte des Baus. Sein Gesicht bleibt undurchdringlich. Da es regnet, ist die Holzstr uktur des Gebäudes mit einer orangen Plastikplane abgedeckt. Zumindest für die scheint er keine warmen Gefühle zu hegen. Im Gespräch merkt man allerdings schnell, dass die würdevolle Reserve nur eine Tarnung ist und dass der grosse Architekt durchaus auch zu Witzen aufgelegt sein kann. Shigeru Ban, Sie sind berühmt für Bauten aus Papier. Aber das Haus für unser Medienunternehmenmit vielen Zeitungen bauen Sie aus Holz. Warum? Das ist doch gar kein Widerspruch. Papier macht man schliesslich aus Holz. Betrachten Sie die Verwendung dieses Materials als eine Bewegung zurück zum Ursprung. In Kenntnis Ihrer früherer Arbeiten haben wir uns auf einen filigranen Bau gefasst gemacht. Was man bisher sieht, ist eher eine archaisch grobe Struktur. Sie kommt Ihnen archaisch vor? Ich sehe darin die Zukunft. Warum? Wussten Sie, dass bei einem Holzbau die Hälfte der CO2-Emission anfällt, verglichen mit einem Betonbau? Und nur ein Drittel dessen, was eine Stahlkonstruktion produziert. Zudem hat unser Holz schon eine Menge CO2 in Sauerstoff verwandelt, als es noch ein Baum war. Und: Es wächst im Gegensatz zu den anderen Baumaterialien nach . . . Sie verwenden Holz aus umweltschützerischen Gründen? Nein. Ich liebe Holz für seine Schönheit. Und es riecht so wunderbar. Als ich ein Kind war, wollte ich Schreiner werden. Darum sind die Balken so dick? Wieder falsch geraten! Die Übergrösse der Balken dient dem Feuerschutz. Je mehr Holz, desto besser Feuerschutz? Klingt paradox. Vielleicht, hat aber schon seine Richtigkeit. Wenn das Holz abbrennt, wird es zur Kohle, und Kohle hat sehr gute Feuerschutz-Eigenschaften. Nur muss man die Balken massiver als nötig machen. Dann bildet bei einem Brand die Kohle eine Schutzschicht um den Holzkern. Die traditionellen japanischen Häuser sind ebenfalls aus Holz, stammt Ihre Begeisterung für dieses Material daher? Nein, für mich gehört das Holz zur Schweiz. Warum? Weil in diesem Land die Technologie für solche Bauten am weitesten fortgeschritten ist. Auch für das Centre Pompidou in Metz habe ich mit einem Schweizer Ingenieur zusammengearbeitet, übrigens mit dem gleichen wie für Ihr Haus. Zürich gilt im Schweizer Vergleich als langweilig in Sachen moderne Architektur. Zu Unrecht. In Zürich steht ein Gebäude, das mich schon ganz früh als Architekt geprägt hat. Das ist der kleine Pavillon von Le Corbusier am See. Ein Stück architektonischer Experimentierlust, dem ich durchaus nacheifere. Nicht der japanischen Bautradition? Man meint sie in Ihren klaren Linien und leichten Strukturen zu erkennen. Diese spielt bei mir schon eine Rolle, aber sozusagen aus zweiter Hand. Während meiner Ausbildung an der Cooper Union in den USA war ich sehr begeistert von den Case Study Houses, die in den 50er- und 60er-Jahren in Kalifornien gebaut wurden. Von Architekten, die während des Kriegs aus Europa nach Kalifornien kamen, wie Richard Neutra oder Rudolf Schindler, und die ihrerseits von den Grundsätzen der japanischen Architektur begeistert waren. Ich fragte unseren Präsidenten Pietro Supino, weshalb er Sie ausgewählt hat, um das Tamedia-Haus zu bauen. Und, was hat er gesagt? Ich muss gestehen, ich war sehr überrascht, als die Einladung kam. Er sagte, dass er jemanden suchte, der mit dem Gebäude einen intelligenten Mehrwert schafft. Tun Sie das? Hm. Das versucht doch jeder Architekt. Eines Ihrer Häuser hat ihn besonders beeindruckt, das auf der Long Island bei New York. Ah ja, das Sagaponac House. Es ist eines meiner sogenannten Furniture Houses, in welchen die Möbel schon in die Bauweise integriert sind. Das sind Häuser, die man in Teilen auch transportieren kann. Ja, genau. Und wenn man sie wieder zusammensetzt, sind die Möbel, also Schränke, Regale, Tische schon im Haus drin, weil sie in die Wände und in den Boden integriert sind. Wie kommen Sie auf solche Ideen? Japan ist ein Land, das in steter Erdbeben-Gefährdung lebt. Und bei einem Erdbeben passiert es oft, dass Häuser zerfallen, ohne die Menschen zu verletzen, schwere Schränke und Regale aber auf die Menschen fallen, mit schlimmen Folgen. Darum hatte ich die Idee, alles aus einem Guss zu machen. Das kostet weniger, gefährdet die Menschen nicht und sieht erst noch gut aus. Steht Ihr humanitäres Engagement für Menschen, die ihre Häuser verloren haben, auch in Zusammenhang mit dieser Gefährdung, die in Japan allgegenwärtig ist? Schwer zu sagen. Mein erster Einsatz fand nicht einmal in der Folge einer Naturkatastrophe statt, sondern in Ruanda, nach der Tragödie des Genozids. Wie kam es, dass Sie damals die Notunterkünfte für die Flüchtlingslager entworfen haben? Das war ein Moment in meinem Leben, als ich von meinem Beruf enttäuscht war. Ich dachte, wir Architekten helfen nur den reichen Menschen, mit ihrer Macht zu prahlen. Ich hatte das Bedürfnis, der Menschheit zu dienen. Und dann hörte ich von diesen riesigen Flüchtlingslagern in Ruanda, wo Menschen unter den Wetterbedingungen litten, weil die Unterkünfte, die die UNO ihnen zur Verfügung stellte, so schlecht waren. Wie haben Sie die UNO überzeugt, dass Ihre Unterkünfte besser sind? Ich fuhr nach Genf. Und wartete auf eine Audienz beim Hohen Flüchtlingskommissar, was ziemlich hoffnungslos war. Da traf ich, per Zufall, Herrn Neumann. Muss ich den kennen? Nein. Das war jener deutsche Architekt, der für die Unterkünfte zuständig war. Er hat mir zugehört, denn er hatte ein Problem. Welches? Sie verteilten Zelte, Plastikplanen mit Stäben aus wertvollem Aluminium. Die armen Flüchtlinge aber verkauften die Masten und fällten
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